Ergebnis

All diese Erörterungen zeigen, daß die Vorstellung von Landwirtschaft als einer Lebensform, bei der die Familie ihre Arbeitskraft auf ihrem Betrieb einsetzt und von dessen Erträgen lebt, nicht mehr generell zutrifft. An ihre Stelle ist eine Vielfalt von ländlichen Lebensformen getreten, die einen recht unterschiedlichen wirtschaftlichen Schwerpunkt haben.

Bemerkenswert sind dabei die Unterschiede in der Einstellung zwischen den Generationen. Die jüngere Generation sieht überwiegend ihre Zukunft nicht in der Fortsetzung der elterlichen traditionellen Kleinlandwirtschaft - im Erbgang noch aufgeteilt auf die Geschwister. Man ist zwar an moderner, technologisch fortschrittlicher intensiver Landbewirtschaftung interessiert. Wenn aber die Landausstattung zu gering ist, Bewässerungsmöglichkeiten fehlen oder die Kapitalbasis zur Modernisierung fehlt, dann versucht man sich eine Existenz im nichtlandwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen.

Schreitet die hier aufgezeigte Entwicklung fort, dann dürften in der türkischen Landwirtschaft in Zukunft folgende Existenztypen für ländliche Haushalte eine wichtige Rolle spielen:

1. Moderne landwirtschaftliche Unternehmen mit hoher Intensität
und hohen landwirtschaftlichen Einkommen. Die
Flächenausstattung dieser Betriebe mag sehr unterschiedlich
sein.

2. Haushalte mit Mehrfachbeschäftigung, bei denen ein Teil der
Einkünfte aus der Landwirtschaft, ein anderer aus
nichtlandwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit stammt. Die
Ausgestaltung dieser Kombinationen kann sehr unterschiedlich
sein.

3. Haushalte mit nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeit von
Angehörigen, die aber wegen vorhandener Grundstücke und Häuser
und evtl. niedriger Lebenshaltungskosten auf dem Dorfe wohnen
bleiben. Dies ist naturgemäß nur in der Nähe der Städte und
Arbeitsstellen möglich. Allerdings erlaubt das gute
Transportnetz der Türkei erstaunliche Pendelentfernungen.
Ergebnisse deutsch-türkischer Universitätspartnerschaften

4. Altenstellen, kleine landwirtschaftliche Betriebe, die extensiv
und ohne Investitionen von im Dorf wohnen gebliebenen alten Leuten mangels anderer Altersversorgung solange betrieben werden, wie dies die Kräfte zulassen.

5. Traditionelle Kleinbauernbetriebe, die zahlenmäßig zurückgehen
und im Generationsablauf in die eine oder andere Form überführt werden.
Wenn auch der Übergang einige Zeit in Anspruch nehmen wird -regional unterschiedlich schnell oder langsam -, so mag auch für die Türkei die letzte Generation traditioneller Kleinbauern angebrochen sein.