3. Möglichkeiten zur Beeinflussung des Beschäftigungsumfanges


Die Beschäftigungsintensität der landwirtschaftlichen Entwicklung wird auf verschiedene Weise beeinflußt: Direkt wirken von der Regierung durchgeführte oder initiierte Maßnahmen und Projekte, bei denen sie über die Art der Ausgestaltung und damit über die Beschäftigungswirkung entscheidet. Viel nachhaltiger, schon wegen der ungleich größeren Zahl, wirkt sich eine Beeinflussung der Rahmenbedingungen für die zahlreichen Entscheidungsträger aus, die je nach dem für sie gegebenen Datenkranz ihre Aktivitäten mehr oder weniger beschäftigungsintensiv ausführen. Kurzfristig lassen sich die Rahmenbedingungen besonders durch die Preispolitik für Faktoren und Produkte beeinflussen, langfristig durch institutionelle Änderungen, besonders der Agrarstruktur. Außerdem sind die Handels und Entwicklungspolitik von Bedeutung.


a) Direkte staatliche Maßnahmen

Die Entwicklungsländer führen eine große Zahl von Projekten im öffentlichen Sektor durch. Je kapitalintensiver die Projekte sind (Großindustrie, Stadtentwicklung, Staudämme etc.), desto geringer sind die Beschäftigungswirkungen. Umgekehrt haben Kleinbauern Entwicklung, ländliche Industrialisierung, Gewerbeförderung, Regionalentwicklung u.ä. einen positiven Einfluß auf die Beschäftigungszahlen. In manchen Ländern werden auch spezielle Arbeitsförderungsprogramme zur Schaffung von Infrastruktur durchgeführt, die zusätzlich Arbeit in den Zeiten der Arbeitstäler der Landwirtschaft schaffen.


b) Preispolitik

Sowohl Faktorpreise als Marktpreise wirken auf die Produzenten als Anreize und sind daher als Lenkungsinstrument geeignet. Die Faktorpreise beeinflussen besonders die Technologie der Produktion. Wenn sie von den Knappheitspreisen stark abweichen, pflegen die Produktionsverfahren nicht den sozialen Gegebenheiten angepaßt zu sein. Die häufig zu niedrigen Kapitalkosten, teils durch Zinssubventionen und Steuererleichterungen noch verstärkt, führen zu arbeitsextensiver Produktion, ebenso wie die über den Opportunitätskosten liegenden Arbeitskosten, etwa als Ergebnis der Arbeits und Sozialpolitik. Der Faktor Boden wird kaum besteuert und zieht daher Investitionskapital von Großgrundbesitzern als auch städtischen Kapitalisten an, die selten arbeitsintensiv wirtschaften.

Die Produktpreise beeinflussen in erster Linie die Produktionsrichtung. Staatliche Eingriffe durch Preisfestsetzung, Ablieferungspflichten, Transportverbote oder ähnliches mögen zwar aus der Sicht der Fiskalpolitik und der Ernährungssicherung berechtigt sein, gehen aber leicht auf Kosten der Beschäftigungshöhe, weil dadurch z.8. arbeitsextensivere Früchte angebaut werden. Bestimmte Marktstrukturen werden ähnliche Wirkung haben, während umgekehrt funktionierende Vermarktungseinrichtungen für arbeitsintensive Früchte Anreize zu Mehrproduktion und Mehrbeschäftigung geben können.


c) Strukturpolitik

Durch Änderung der Agrarstruktur wie Agrarreformen oder Anpassungsmaßnahmen wird die Verteilung der Ressourcen und Gewinne auf die am Produktionsprozeß beteiligten Personengruppen beeinflußt. Umverteilung von Land an Kleinbetriebe und Maßnahmen zur Erhöhung der Pachtsicherheit schaffen Voraussetzungen für einen Mehreinsatz von Arbeit. Zugang zu Dienstleistungen wie Beratung, Vermarktung und Kredit ermöglichen Betriebsumstellungen in Richtung auf arbeitsintensivere Wirtschaftsweise. Ähnliche Wirkungen können auch von einer Kollektivierung ausgehen. Schaffung von Familieneigentum oder Kollektivierung bilden eine Voraussetzung für die Mobilisierung von Arbeit für die Kapitalbildung.


d) Handelspolitik

Importbeschränkungen und ähnliche Eingriffe in die Freizügigkeit des internationalen Handels haben nachteilige Wirkungen auf das Ausmaß der Beschäftigung in den Erzeugerländern. Am deutlichsten wird dies, wenn es einem Entwicklungsland gelungen ist, mit seinen billigen Arbeitskräften ein Produkt zu niedrigen Preisen anzubieten und bald danach Marktinterventionen erfolgen. Dieses ist auch für Agrarprodukte möglich. Besonders bei begrenzter kaufkräftiger Nachfrage im Binnenland können Agrarexporte zu vermehrter Produktion und Beschäftigung führen, wenn die Produktion in beschäftigungsfördernden Betriebsformen und Produktionsweisen erfolgt. Beschäftigungswirkungen können auch von der Nahrungshilfe ausgehen, wenn sie eventuell Eigenproduktion behindern und damit von Mehrarbeit im Lande ablenken.


e) Entwicklungshilfepolitik

Der Einfluß der Entwicklungshilfe ist weniger durch ihren Umfang von Bedeutung als vielmehr, weil Schlüsselmaßnahmen vielfach von ihr abhängen und weil von ihren Verfahrensweisen Wirkungen ausgehen. Anstatt Hilfe bei der Konzeption einer den sozialen Gegebenheiten angepaßten Politik zu geben, konzentrierte sie sich auf Projekte. Administrative Überlegungen führen nicht selten zu kapitalintensiven Großprojekten, deren Beschäftigungsumfang begrenzt ist. Lokale Kosten werden nicht übernommen, insbesondere Arbeitskosten, so daß auch das Empfängerland kapitalintensivere Verfahren, die ja bezahlt werden, vorzieht.

Projektkalkulationen arbeiten oft mit überhöhten Marktpreisen für Arbeit, anstatt Schattenpreise einzusetzen, was wegen der hohen Arbeitskostenbewertung zu einem Trend zu kapitalintensiven Verfahren führt. Auch die geringere Betonung der agrarökonomischen Forschung verschenkt mögliche stärkere Beschäftigungswirkungen bei Projekten und Programmen.

 

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