2.3 Kooperation
Es ist eine allgemein menschliche Erfahrung, daß Kooperation
mit anderen geeignet ist, die Effizienz des Einsatzes von
Boden und Arbeit zu vergrößern und darüber
hinaus soziale Vorteile zu bringen. Auch in der Dritten Welt
gibt es seit altersher viele Beispiele von Zusammenarbeit
gerade unter der Landbevölkerung. Man hat große
Hoffnungen darauf gesetzt, traditionelle Kooperationsformen
im Entwicklungsprozeß nutzbar zu machen, allerdings
mit begrenztem Erfolg. Neuere Arbeiten kommen auch zu dem
Ergebnis, daß sich traditionelle Kooperationsformen,
die für ganz bestimmte Zwecke entstanden sind, schwer
auf andere Aufgaben übertragen lassen. Es scheint, als
ob dann das Gefüge von Verpflichtungsgefühl, Nutzenverteilung
und sozialen Randbedingungen in Unordnung gerät. Hier
sind wohl noch weitere Untersuchungen nötig.
Aufgrund unserer Erfahrungen mit dem Genossenschaftswesen
- vielleicht auch einer gewissen ideologischen Verbrämung
-haben die Genossenschaften in der deutschen agrarsoziologischen
Forschung ebenso wie in der frühen Entwicklungspolitik
eine große Rolle gespielt. Die praktischen Erfolge von
Genossenschaften in der Dritten Welt lassen allerdings zu
wünschen übrig, weswegen die Forschung sich in jüngerer
Zeit auch besonders auf die Frage der Evaluiefung von Genossenschaften
konzentriert hat. Vielleicht sind das Bestehen auf den Raiffeisen-Prinzipien
und der große Regierungseinfluß auf die Genossenschaften
in Entwicklungsländern - zwei Dinge, die sich kaum vereinen
lassen, Ursachen der begrenzten Erfolge. Tatsächlich
zeigen ja die Farmers Associations, bei denen weniger auf
Raiffeisen-Grundsätze geachtet wurde, auch die relativ
besten Ergebnisse. Hier ist noch manche Forschungsarbeit erforderlich.
Vielleicht hat man zuviel Betonung auf die Kooperationsformen
- Genossenschaften nach Raiffeisen-Modellen - gelegt und zuwenig
auf die Erfordernisse und Bedingungen funktionierenden Kooperierens
von Menschen geachtet.
Ähnliches gilt für die heute so im Zentrum der
entwicklungspolitischen Diskussion stehenden Selbsthilfegruppen.
Es ist noch manche Forschungsarbeit nötig, um zu ergründen,
unter welchen Bedingungen sogenannte Selbsthilfe wirklich
funktioniert, welchen Einfluß Ziel und Zweck der Organisation
haben, welches Ausmaß an Außeneinfluß (Regierungseinfluß)
auf welchem Gebiet tolerabel ist. Sind Selbsthilfe und Fremdfinanzierung
vereinbar oder verlangt Selbsthilfe auch finanzielle Unabhängigkeit,
etwa durch lokale Steuern oder Ähnliches? Gerade wenn
man das "soziale Kapital der Entwicklungsländer
noch als weitgehend ungenutzt ruhen" sieht, wie TRAPPE
(6) dies tut, bedarf es hier noch agrarsoziologischer Forschung.
Die früher aktive Forschungsarbeit über Kooperation
im Produktionsbereich ist in letzter Zeit ziemlich
zum Erliegen gekommen, vielleicht, weil die bestehenden Modelle
auch in der Dritten Welt nicht akzeptabel erscheinen. Trotzdem
dürfte eine ideologiefreie Analyse der Erfahrungen, Ergebnisse
und der zu erwartenden Übertragbarkeit von existierenden
Formen, wie vertikale Integration, Vertragsanbau, Produktion
unter Aufsicht, Agrarreformgenossenschaft usw. lohnend sein.
Man muß nicht ganze Länder sich der genossenschaftlichen
Landbewirtschaftung zuwenden sehen, um doch unter gewissen
Umständen Vorteile zu erwarten. Dabei darf auch die tierische
Produktion nicht außer acht gelassen werden.
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