2. »Access to Land«
Zur Zeit der Unabhängigkeit der Länder Asiens lebte
die Masse der Bevölkerung in Landgebieten, und die meisten
waren arm. Es herrschten feudale Verhältnisse: Etwa die
Hälfte des Landes gehörte »Landlords«,
Großgrundbesitzern, die ihr Land meist durch kleine
Teilpächter bewirtschaften ließen und ihr Einkommen
weniger durch Bemühen um Produktivitätssteigerungen
zu steigern versuchten, als durch strikte Abschöpfung,
Hohe Nachfrage nach Pachtland bei begrenztem Angebot brachte
die Teilpächter in starke Abhängigkeit von den Grundbesitzern.
Die Vergabe sehr kleiner Pachtflächen sowie verbreitete
Verschuldung vergrößerte Armut und Abhängigkeit,
und dies wirkt bis heute fort.
Die andere Hälfte des Landes war in der Hand selbständiger
Landbewirtschafter, die wegen der Erbteilung meist nur über
kleine Flächen verfügten. Viele waren verschuldet.
Meist waren die Landlords gleichzeitig Geldverleiher, so daß
auch die Kleinbauern von ihnen abhängig waren. Darüber
hinaus gab es eine infolge des Bevölkerungszuwachses
steigende Zahl Landloser. Für die Masse bestand aber
wenig Bedarf in der Landwirtschaft, oder nur zur Saison, so
daß sie als ländliche Gelegenheitsarbeiter ihre
Arbeitskraft jedem anbieten mußten, der Verwendung für
sie hatte.
Zu dieser Zeit war Land die Lebensbasis für die gesamte
Bevölkerung. Damit konzentrierte sich das Leben um die
Landwirtschaft. Da es kaum ländliche Industrie gab, lebten
alle - direkt oder indirekt - von der Landwirtschaft. Dabei
genoß das bessere Leben, wer Land besaß, während
die übrigen sehen mußten, sich für einen Anteil
am Ertrag zu verdingen.
Das Land schuf zu dieser Zeit Nahrung für die Stadt-
und Landbevölkerung, wenn auch vielfach unzureichend.
Es gab Arbeit und Einkommen und war Basis der Existenz Sicherung,
für viele allerdings auf niedrigem Niveau. Je nach Zugang
zu Land war diese Sicherung von sehr unterschiedlicher Qualität,
bewirkte jedoch ein gemeinsames Interesse: Wohl und Wehe aller
hing von der Ernte ab. Insgesamt waren die Unterschiede zwischen
denen, die über Boden verfugten, und den Landlosen so
groß, daß nach der Unabhängigkeit der Ruf
nach »access to land« immer lauter wurde und in
den meisten Ländern zu Landreformen führte.
Diese Reformen waren jedoch nur in Ostasien erfolgreich und
bewirkten dort durch eine Obergrenze zulässigen Landbesitzes
von 3 Hektar eine starke Umverteilung. In den anderen Ländern
wurden sie halbherzig durchgeführt: Teils bewirkten sie
sogar eine Entlassung vieler Pächter, also das Gegenteil
der erklärten Absicht. Die Zahl der Nutznießer
unter den Landlosen war gering. Bei fortgesetzter Erbteilung
und Bevölkerungsvermehrung wurde der Druck nur größer.
Die Betriebsgrößen verkleinerten sich unter die
zur Versorgung einer Familie erforderliche Fläche, und
die Zahl der verarmten Landlosen wuchs ständig an.
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