7. Und die Agrarreform?
Auch unter den veränderten Bedingungen hat die Agrarreform
ihre Bedeutung, Agrarreformen dienen ja dazu, unangepaßte
Agrarverfassungen wieder an die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen,
technologischen und politischen Verhältnisse anzupassen,
und dazu besteht viel Bedarf. Nur hat die Agrarreform in verschiedenen
Stadien der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung
unterschiedliche Aufgaben:
In Frühstadien der Entwicklung ist ihre erste Aufgabe,
die Bodenkonzentration und die große Diskrepanz zwischen
arm und reich zu beseitigen. Die »land to the tiller«-Reformen
der Nachkriegszeit halten dies zum Ziel, aber nur teilweise
erreicht.
Während intermediärer Stadien - zu denen viele
Länder und Gebiete Asiens heute gehören - ändert
sich der Bedarf an Agrarreform und ihr Inhalt. Starke Bevölkerungsvermehrung,
Verstädterung und Industrialisierung verlangen eine Zunahme
der Produktion und Produktivität der Landwirtschaft,
wozu besonders Maßnahmen der Bodenbewirtschaftungsreform
wichtig sind. In manchen Ländern und Gebieten gibt es
trotz früherer Reformen und Erbteilung immer noch Großgrundbesitz,
der teils dazu schlecht bewirtschaftet wird. Hier sind Umverteilungsreformen
angezeigt. Eine andere Frage ist, ob die Vergabe kleiner Parzellen
sinnvoll ist, die sicher gern angenommen werden, aber kaum
eine dauerhafte Existenz bieten, vom Produktionsstandpunkt
aus aber fragwürdig sind. Wenn »access to in-come«
das Credo der jungen Generation ist, dann dürften solche
Verteilungen nur kurzfristig Erfolge bringen. Die Agrarreform
muß in die allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche
Entwicklung eingebettet sein und Maßnahmen der Regionalentwicklung
einschließen. Landnutzungsplanung mit möglichst
großer Sicherung des Landes für landwirtschaftliche
Zwecke spielen eine große Rolle.
Bei fortgeschrittenen Stadien der Entwicklung muß die
Landwirtschaft Arbeitskräfte für die sich ausdehnende
Industrie abgeben und gleichzeitig durch eine Erhöhung
der Arbeitsproduktivität dafür sorgen, daß
die Einkommen aus der Landwirtschaft attraktiv bleiben. Dies
wird nicht ohne Unterstützung durch geeignete Steuer-,
Preis- und Subventionspolitik zu erreichen sein. Die verfeinerten
Instrumente und Institutionen auf dieser Entwicklungsstufe
erlauben meist eine Politik der kleinen Schritte, so daß
umfassende Agrarreformen kaum nötig werden. Maßnahmen
zur Intensivierung des Boden- und Pachtmarktes, aber auch
zur Regelung der Bodenbewirtschaftung sind besonders wichtig.
Die notwendige moderne Technologie der Agrarproduktion verlangt
gleichzeitig eine enge Verflechtung von Landwirtschaft mit
den anderen Wirtschaftszweigen, Die Schaffung von Institutionen
zur Vertretung der Interessen der Landwirtschaft gegenüber
der Regierung und der übrigen Wirtschaft kommt hohe Bedeutung
zu.
Die Mehrheit der Länder Asiens befinden sich in der
mittleren Stufe. Hier darf man Agrarverfassung und Agrarreform
nicht mehr eng sehen, sondern muß Fragen des Land-Managements,
der veränderten Funktionen des Landes, einer ökologisch
vertretbaren Landnutzung, des Ausscheidens einer zunehmenden
Zahl von Landbewohnern aus der Landwirtschaft und der Regelung
des Bodentransfers an Haushalte, die weiterhin an produktiver
Landnutzung interessiert sind, in die Betrachtungen mit einschließen.
Die Agrarfrage ist nicht mehr isoliert, sondern nur im Rahmen
der wirtschaftspolitischen Gesamtentwicklung zu lösen.
|