3. Die 60er Jahre: Beginn einer neuen Zeit
Die Stagnation der Landgebiete Asiens mit Verschlechterung
der Nahrungsversorgung für die Bevölkerung kam Ende
der 60er Jahre langsam aber stetig zum Ende, wenn auch nicht
für alle Gebiete. Die Ursachen sind in den Ländern
nicht einheitlich in ihrer Bedeutung, aber folgende spielen
fast überall eine Rolle:
- In manchen Gebieten mit Bewässerung setzte die »Grüne
Revolution« ein. Zwar gingen viele größere
Grundbesitzer zu Selbstbewirtschaftung über und entließen
ihre Pächter. Allein im indischen Staat Punjab ist
zwischen 1955 und 1990 die Zahl der Pächter von 583.000
auf
80.500 zurückgegangen. Gleichzeitig entstanden jedoch
so viele neue Arbeitsplätze im Landhandel, bei Transport
und Lagerung und bald auch in Konsumgüterproduktion
und -handel und im Baugewerbe, daß die befürchtete
Verelendung der entlassenen Pächter ausblieb. Viele
Landlose fanden sogar einen ständigen Arbeitsplatz.
In Südasien spielte eine wichtige Rolle, daß
die entlassenen Teilpächter ihre Zugochsen verkauften
und gegen Büffelkühe eingetauscht haben. Diese
wurden von der Familie mit gesammeltem Futter versorgt,
die Milch, beziehungsweise das daraus gewonnene Butterschmalz
verkauft. Die Erlöse brachten ein Existenzminimum,
und der Mann konnte sich auch an entfernten Orten um Arbeit
und Einkommen bemühen. Sie waren jetzt frei von der
Abhängigkeit vom Landlord und erwiesen sich als sehr
mobil.
- In den 70er Jahren warben zunächst die Ölländer,
später auch andere Länder »Gastarbeiter«
in asiatischen Ländern an. Zunächst griffen besonders
junge Leute der Unterschicht zu, da die Grundbesitzer Abneigung
gegen bezahlte Handarbeit hatten. Sie und ihre Familien
waren die ersten im Dorf, denen die Geldrücksendungen
einen höheren Lebensstandard ermöglichten. Diese
Umkehr der alten Sicherung ließ dann auch Söhne
der Kleinlandwirte sich um solche Arbeit bemühen.
- Insgesamt sind viele Millionen Menschen meist für
einige Jahre im Ausland tätig gewesen. Vielfach hat
ein Vorreiter seine Verwandten und Nachbarn nachgezogen,
so daß eine regionale und dörfliche Häufung
festzustellen ist. Die gestiegene Kaufkraft hat zu neuen
Gewerben in den Dörfern geführt und so weitere
Arbeitsplätze bewirkt. Besonders das Bauwesen hat sich
stark ausgeweitet. Die Tatsache, daß die Einkommen
unvergleichlich höher waren, als sie mit Kleinlandwirtschaft
zu erzielen wären, und die Eindrücke aus dem Ausland
ließ viele junge Leute über ihre Zukunft nachdenken.
- In einigen Ländern, besonders Ost- und Südostasiens,
kam es zu schneller wirtschaftlicher Entwicklung, teils
eben falls finanziert durch Öleinnahmen der Länder.
Damit einher ging die Schaffung nicht landwirtschaftlicher
Arbeitsplätze, die neue Chancen für Landlose und
Landarme bewirkten.
- Schließlich haben das Vordringen der Massenmedien
und die Verkehrserschließung sowie die Berichte zurückkehrender
»Gastarbeiter« ihre Wirkung gezeigt. Wenn in
jedem Dorf Fernsehgeräte stehen und der Dorfbevölkerung
das wirkliche oder vermeintliche Leben an anderen Orten
vor Augen führt, dann ist nicht verwunderlich, daß
besonders die Landjugend zu neuen Vorstellungen über
ihr Leben kommt.
Dies hatte um so stärkere Wirkung, als die Lebensbasis
der kleinen Landbesitzer immer schlechter wurde. Die Betriebsgröße
verringerte sich mit jedem Erbgang erheblich. In vielen Ländern
sind über die Hälfte aller »Betriebe«
unter einem Hektar groß, zuwenig, um im Normalfan einer
Familie ein Auskommen zu bieten.
Anteil der Betriebe
unter 1 Hektar um 1980 |
Bangladesh |
54% |
Indien |
55% |
Indonesien |
70% |
Korea |
65% |
Pakistan |
17% |
Nepal |
66% |
Sri Lanka |
78% (1,2 ha) |
Quelle: 1980 World Census of Agriculture,
FAO Roms 1983. |
Ein Vergleich mit Nachbarn, bei denen ein Familienmitglied
ein nichtlandwirtschaftliches Einkommen hat, muß negativ
ausfallen: Landwirtschaftliche Klein- und Kleinstbetriebe
sind Stätten der Armut.
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