3.2 Erscheinungsformen der Grundbesitzverfassung
Die aktuellen Erscheinungsformen der Grundbesitzverfassung
sind das Ergebnis historischer, politischer, kultureller und
wirtschaftlicher Entwicklung. Sie sind in Ausprägung
und Verbreitung fortwährenden Änderungen unterworfen.
Über ihre Beurteilung wird eine lebhafte Diskussion geführt,
bei der emotionale und politische Argumente eine große
Rolle spielen. Das Urteil hängt stark von der Bedeutung
ab, die man einzelnen Kriterien zuerkennt wie Produktivität,
Rentabilität, soziale Gerechtigkeit, Gleichheit, Anreize
etc. Eine sachliche Beurteilung kommt zu dem Ergebnis, daß
man sich mehr oder weniger alle Formen positiv vorstellen
kann und auch empirische Beispiele dafür antrifft. Es
kommt auf die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche
Gesamtsituation an, wie das Urteil über eine Erscheinungsform
der Grundbesitzverfassung im Einzelfall ausfällt, und
da sich diese Gesamtsituation im Zeitablauf ändert, kann
auch ein Urteil nur für konkrete Gegebenheiten gelten.
In der Literatur finden sich verschiedene Versuche, die
Grundbesitzverfassung zu klassifizieren. DENMAN (16) verwendet
als Kriterium insbesondere die Lokalisation der Eigentumsrechte
und die Beziehungen, die sich aus der Verteilung dieser Rechte
ergeben. CHRISTODOULOU (12) unterscheidet zwischen qualitativen
und quantitativen Charakteristika der Grundbesitzverfassung.
Beide Klassifikationen erhellen bestimmte Aspekte, ohne daß
die vorherrschenden Realtypen deutlich werden. Diese kommen
in einer auf HOFMANN (31) zurückgehenden Einteilung am
besten zum Ausdruck, der hier gefolgt werden soll.
3.2.1 Staatseigentum am Boden
Der Staat hat oft eine Art Obereigentum am Boden. Dies ist
aber ein qualifiziertes Eigentumsrecht, das sich auf Steueransprüche,
Wahrung von Gemeininteressen und Regelung der Bodenordnung
beschränkt. Darüber hinaus gehört dem Staat
in vielen Ländern Land so, wie anderes Land einem Privatmann
gehört. Solches staatliches Bodeneigentum hat viele Entstehungsursachen:
Eroberung, Nationalisierung von Kronland, Übernahme von
verlassenem Land, Land ohne Rechtstitel, Aneignung durch Kauf
oder Schenkung, Beschlagnahme mit oder ohne Entschädigung
sowie Neukultivierung von Ödland.
Heute findet sich Staatseigentum an Boden in allen Erdteilen,
wobei die Verbreitung nach Nutzungsart und politischer Ideologie
unterschiedlich ist. Die Eigentumsrechte können bei der
Regierung, bei Gebietskörperschaften sowie bei staatlichen
Gesellschaften lokalisiert sein. Für bestimmte Aufgaben
ist Staatseigentum an Boden eine sehr zweckmäßige
Form, etwa dann, wenn Privateigentum den gesellschaftlichen
Interessen nicht gerecht werden würde (Versuchsbetriebe
etc.) oder wenn mit administrativen Maßnahmen die Belange
der Allgemeinheit nicht gesichert werden können. Wassereinzugsgebiete,
Ödland, Wald, auch schlechte Böden etc. befinden
sich daher vielfach in der Hand des Staates, der es entweder
selbst nutzt (Staatsforsten, Staatsgüter) oder auch verpachtet.
Gerade für Grenzflächen kommen die Vorteile des
Staates als Bodeneigentümer zur Wirkung, nämlich
seine große Entscheidungsfreiheit, da er kaum an Zeit
und nur locker an Rentabilität gebunden ist.
In der UdSSR befindet sich so gut wie alles Land in Staatseigentum,
in anderen sozialistischen Staaten bisher nur ein Teil. Damit
soll eine Ausbeutung aufgrund von Eigentum am nicht vermehrbaren
Boden sowie arbeitsloses Einkommen aus Grundrente verhindert
werden. Tatsächlich ist bei Staatseigentum am Boden das
Ausmaß an Ungleichheit nicht anzutreffen, welches sich
bei einigen Formen von Privateigentum am Boden herausgebildet
hat. Oft wird dieser Gewinn allerdings mit weniger effizienter
Bewirtschaftung erkauft.
Land im Eigentum der Kirche ist bezüglich vieler Eigenschaften
dem Staatsland ähnlich. In manchen Ländern hat das
Kirchenland erheblichen Umfang, der aus Spenden und Vermächtnissen,
Staatszuweisungen und den Ergebnissen eigener Machtpolitik
herrührt.
3.2.2 Stiftungseigentum
In islamischen Ländern ist die Stiftung von Land zur
Unterhaltung von Schulen, Spitälern, Moscheen, Waisenhäusern
u. ä. verbreitet. Solche Stiftungen - Waqf genannt —
werden vor Gericht begründet und können nicht rückgängig
gemacht werden. Der Begünstigte erhält nur das Nutzungsrecht,
wobei die Verwaltung durch staatliche Ämter erfolgt.
Meist wird das Land verpachtet, aber da kaum Investitionen
getätigt werden, befinden sich viele Stiftungsländereien
in sehr schlechtem Zustand.
Solche Stiftungen verhindern durch ihre Unwiderruflichkeit
eine spätere Änderung der Eigentumsrechte einschließlich
der Teilung und des Eigentumsverlustes bei Verschuldung. Diese
Eigenschaften des Waqf machen sich auch Privatpersonen zunutze,
indem sie ihr Land in ein privates Waqf einbringen und so
den Nachkommen eine Rente sichern. Da Waqf-Land nicht beschlagnahmt
werden kann, ist solch eine Stiftung auch Mittel zur Sicherung
zweifelhafter Eigentumsansprüche. Ähnliche Stiftungen,
die den Boden in der Hand der Familie halten und den jeweiligen
Nutznießer auf die Erträge beschränken, bestanden
in Ostdeutschland bis 1945 unter der Bezeichnung Fideikommiß,
sind aber auch in Südeuropa seit dem 14. Jahrhundert
anzutreffen.
3.2.3 Kollektiv- und Gemeineigentum
Unter diesem Sammelbegriff ist eine Vielzahl von Formen zusammengefaßt,
bei denen die Verfügungsrechte am Boden von Verwandtschafts-
oder politischen Gruppen beansprucht werden, die größer
als die Einzelfamilie sind. Dazu zählen so verschiedene
Formen wie
- Gebiete, in denen nur wenig Land im Gemeineigentum ist
und die Menschen ihren Hauptlebensunterhalt aus anderen
Quellen beziehen,
- Gebiete, in denen Individualeigentum verbreitet ist,
Minoritäten aber als Schutz vor Ausbeutung und Landverlust
Gemeineigentum haben und davon leben (Taiwan, Indien, Lateinamerika,
Jamaika),
- Gebiete, in denen Gemeineigentum die überkommene
und auch heute verbreitetste Form des Bodeneigentums ist
(Afrika),
- Gebiete, in denen ehemaliges privates Eigentum zu größeren
Einheiten im Gruppeneigentum zusammengeschlossen wurde (Sozialistische
Länder, Israel, Ejido).
Beim klassischen afrikanischen Gemeineigentum, wie es südlich
der Sahara weit verbreitet ist, verfügen Gruppen (Stämme)
über den Boden der von ihnen okkupierten Gebiete und
regeln die Nutzung durch ihre Häuptlinge und Bodenpriester.
Wer in diese Gruppe hineingeboren worden ist, hat Anspruch
auf Landzuweisung zur Nutzung, ein Anspruch, der auf Lebzeiten
besteht und z. B. nach Abwesenheit wieder auflebt. Auch die
Gruppe hat im allgemeinen keine Rechte, die zum Verkauf berechtigen
würden, sondern ist Treuhänder für zukünftige
Generationen. Ein Konzept der Vererbung von Land existiert
nicht. Unter statischen Verhältnissen bietet das System
Existenzsicherung und egalitäre Gesellschaftsordnung,
verfügt jedoch über wenig Anpassungsmechanismen
an sich ändernde Faktoren (vgl. unten Abschn. 5.1.2;
-> KUHNEN, Agrarreform, Abschn. 4.1.3).
Die mexikanische Agrarreform überführte Großgrundbesitz
in Gemeineigentum mit der Bezeichnung Ejido. Dabei wurde Ackerland
den Gemeindeangehörigen zur erblichen Sondernutzung übergeben,
während Grünland und Unland gemeinsam genutzt werden.
Dieses System brachte Sicherheit vor Verschuldung und Enteignung,
aber Schwierigkeiten durch ungelöste Kreditprobleme wegen
des Ausfalls der Sicherung durch den Boden. Die Kollektivierung
des Bodeneigentums in sozialistischen Ländern ist Ergebnis
revolutionärer Ereignisse und Ausdruck der vorherrschenden
Ideologie mit dem Hauptziel der Verhinderung der Ausbeutung.
Daneben spielt eine große Rolle, daß so die Kontrolle
der Agrarproduktion erleichtert wird und diese sich den Staatszielen
(schnelle Gesamtentwicklung, Industrialisierung) leichter
anpassen läßt.
Aus verwandten Gründen, wenn auch auf unterschiedlicher
weltanschaulicher Basis, ist auch die Beseitigung von Privateigentum
am Boden in anderen Fällen erfolgt, z. B. in Israel und
bei bestimmten Religionsgemeinschaften. Oft haben Zwang oder
eine Notsituation eine große Rolle gespielt. Ideologische
Determinierung ist häufig, meist bestand schon vorher
hohe Solidarität.
Zwischen Kollektiv- bzw. Gemeineigentum und Staatseigentum
am Boden gibt es gleitende Übergänge, die oft von
der verwendeten Definition abhängen. Der grundlegende
Unterschied besteht darin, daß der Staat seine Eigentumsrechte
am Boden prinzipiell verkaufen kann, während bei Gemein-
bzw. Kollektiveigentum niemand berechtigt ist, das Land oder
Teile davon zu veräußern.
3.2.4 Individualeigentum
Private Rechte am Boden, die nicht nur die Nutzungs-, sondern
auch Verfügungsrechte einschließen, sind historisch
jüngeren Datums, heute aber die am stärksten verbreitete
Form bei landwirtschaftlich genutztem Boden, weniger bei Wald,
in nichtsozialistischen Ländern. Der Eigentümer
trifft hier seine eigene Entscheidung über die Bewirtschaftung
im Rahmen von Tradition, Technologie, Markt und ihm verfügbaren
Ressourcen und hat die Sicherheit, daß ihm die Erträge
von Arbeit, Investition und Management auch zufallen. Landwirtschaftliches
Individualeigentum hat eine große Anpassungsfähigkeit
an technischen Fortschritt und Änderung wirtschaftlicher
Gegebenheiten gezeigt. Dennoch ist dieses positive Allgemeinurteil
an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die nicht immer
und überall gegeben sind. Unterschiedliche Erfolge im
Anpassungsprozeß führten zu Ungleichheiten bis
zum Zwang zur Aufgabe für die Schwächsten. Der Anstieg
der Bevölkerung zwang zur Verkleinerung der Betriebseinheiten,
wenn nicht Neuland-Kultivierung oder Industrialisierung Auswege
eröffneten. Schließlich eröffnet das Konzept
des Privateigentums am Boden auch nichtlandwirtschaftlichen
Spekulanten Chancen zuungunsten der wirtschaftlich schwächeren
Kleinbauern. Aufgrund dieser Prozesse kommt Individualeigentum
in sehr unterschiedlichen Formen vor.
3.2.4.1 Landwirtschaftliches Kleineigentum
Landwirtschaftliche Klein- oder Familienbetriebe sind in
vielen Teilen der Welt anzutreffen. Sie sind auch Ziel der
meisten nichtsozialistischen Agrarreformen. In Ländern
mit Großgrundeigentum finden sich Kleinbetriebe in Gebirgen
oder auf schlechten Böden. Landwirtschaftliche Familienbetriebe
schaffen besondere Möglichkeiten zur Entfaltung privater
Initiative sowie zur nichtmonetären Kapitalbildung, werden
aber leicht ideologisiert: „Land in Eigentum des Bewirtschafters
verwandelt Sand in Gold."
Dies ist aber an ganz bestimmte, nicht immer gegebene Voraussetzungen
gebunden, insbesondere an ausreichende Betriebsgröße.
Sind die Betriebseinheiten zu klein, so entstehen Marginalbetriebe
mit niedrigem Lebensstandard für die Bewirtschafterfamilie,
Verschuldung und geringen Entwicklungschancen. Falls durch
industrielle oder gewerbliche Entwicklungen nichtlandwirtschaftliche
Erwerbsmöglichkeiten bestehen, gehen die Marginalbetriebe
teils in nebenberuflich bewirtschaftete Betriebe über.
Ist die Betriebsgröße ausreichend, so ist eine
bestimmte Geisteshaltung und Einstellung zur Arbeit, Sparen
und Investition Voraussetzung für die positive Auswirkung
des Familienbetriebes. Außerdem muß es der institutionelle
Rahmen dem Bewirtschafter ermöglichen, auf wirtschaftliche
Anreize zu reagieren. Der besonders in Asien verbreitete „Rentenkapitalismus",
die Neigung, andere für sich arbeiten zu lassen, zeigt,
daß diese Geisteshaltung nicht immer vorhanden ist.
Unbestreitbar hat die Institution des bäuerlichen Familienbetriebes
jedoch in vielen Teilen der Welt große agrarische und
kulturelle Leistungen vollbracht, wenn die erforderlichen
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
gegeben waren. Das Konzept der Nachhaltigkeit der Erträge
ist wegen seiner umweltschützenden Wirkung besonders
hervorzuheben.
3.2.4.2 Dezentral verwaltetes Großgrundeigentum
Bei gewissen Eigentumsflächen wird in vielen Fällen,
besonders bei hoher Besiedlungsdichte, die Selbstbewirtschaftung
aufgegeben und das Land meist im Teilbau an Pächter zur
Bewirtschaftung übergeben. Der Eigentümer beeinflußt
zwar das Betriebsgeschehen, teilweise durch Aufseher, nutzt
aber seine größeren wirtschaftlichen Möglichkeiten
und Fähigkeiten selten zur positiven Beeinflussung der
Landbewirtschaftung aus. Oft wird ein Zwang zum Anbau leicht
kontrollierbarer Früchte ausgeübt, und Ziel des
Eigentümers ist weniger eine höhere Produktion als
vielmehr hohe Extraktion. Eine Kapitalakkumulation ist zwar
möglich, wird aber kaum zur Reinvestition genutzt. Das
Eigentum am Boden wird zur Rentenquelle, die Agrarwirtschaft
ist statisch mit dualistischer Gesellschaftsordnung.
3.2.4.3 Zentralverwaltetes Großgrundeigentum
Wenn der Eigentümer direktes Interesse an der Bewirtschaftung
nimmt, erfolgt meist ein Übergang zu zentraler Bewirtschaftung.
Diese erlaubt straffere Kontrolle, sichere Investitionen und
schnelle Einführung moderner Bewirtschaftungsmethoden.
Ein Beispiel sind die „commercial farms", die stark
absatzorientiert und oft im Verbund mit der Verarbeitungsindustrie
geführt werden. Gleiches gilt für Plantagen, die
mit Spitzenmanagement hochintensiv mit dem Ziel der Extraktion
betrieben werden, häufig für ausländische Gesellschaften,
und die weniger wegen ihrer Produktionsleistung, als wegen
der bestehenden sozialen Verhältnisse häufiger Kritik
ausgesetzt sind. Die Verhältnisse sind allerdings nicht
einheitlich.
Im Zuge der „Grünen Revolution" ist es teilweise
zu einem Übergang von dezentral zu zentral verwalteten
Betriebseinheiten gekommen, weil bei den neuen Ertragschancen
die Eigentümer intensive Eigenbewirtschaftung attraktiver
fanden als die Ertragsanteile traditionell wirtschaftender
Teilpächter.
3.2.5 Landwirtschaftliche Pacht
Landwirtschaftliche Pacht, also die Überlassung von
Land an einen anderen zur Nutzung auf Zeit und gegen Entgelt
ist unterschiedlich verbreitet, aber in dichtbesiedelten Entwicklungsländern
mit Individualeigentum häufig, teilweise auf über
50 % der Fläche. In neuerer Zeit hat sie mit steigender
Bevölkerung und nur langsamer Entwicklung nichtlandwirtschaftlicher
Arbeitsplätze stark zugenommen. Es sind verschiedene
Formen von Pacht zu unterscheiden. Arbeitspacht: Der Pächter
arbeitet als Pachtzins eine bestimmte Zahl von Tagen auf dem
Betrieb des Verpächters, teils mit Gespann und Gerät.
Diese Koppelung von Pacht- und Arbeitsvertrag ermöglicht
es dem Verpachtet, im Grenzfall ohne Kapital sein Land zu
bewirtschaften. Diese Form kommt unter der Bezeichnung „Kolonat"
in Lateinamerika häufiger vor, ist aber auch in Asien
anzutreffen. Der Arbeitslohn hängt hier vom Ertrag ab,
dessen Risiko allein der Pächter trägt.
Geldpacht: Der Pächter zahlt einen fixen, selten ertragsabhängigen
Geldbetrag. Er hat damit das volle Ertragsrisiko zu tragen,
aber den Anreiz, daß ihm auch die Erträge aller
seiner Aufwendungen zufließen. Diese Form erfordert
die Fähigkeit, das Ertragsrisiko zu tragen und die Chancen
auch zu nutzen. Sie ist daher besonders bei guten Bewirtschaftern
anzutreffen.
Naturalpacht: Der Pächter zahlt eine fixe Menge Naturalien
und hat daher kein Vermarktungsrisiko. Diese Form ist besonders
verbreitet bei starken Geldwert- und Preisschwankungen, wenn
Naturalien Zahlungsmittel sind, und bei kleinen Verpächtern,
die Naturalien zur Selbstversorgung benötigen.
Verbreiteter ist der Teilbau, eine Landnutzungsform, bei
der der Rohertrag zwischen Eigentümer und Teilpächter
geteilt wird. Das Teilungsverhältnis wurde ursprünglich
durch Leistungen, Bodenqualität und Bewässerung
bestimmt, während neuerdings ein 50:50-Verhältnis
immer häufiger wird. Die Machtgegebenheiten am Pachtmarkt
sowie geänderte Knappheitsverhältnisse und Preisrelationen
führen dazu, daß die Leistungen des Verpächters
zurückgehen. Letzterer hat Weisungsrechte bei der Betriebsführung,
besonders bei der Wahl des Anbausystems. Das Teilbausystem
bringt wenig Anreize, da dem Pächter nur 50 % des Ertrages
etwaiger Mehraufwendungen zukommen. Gleiches gilt für
den Grundherren, wenn er Investitionen tätigt. Nur sehr
hohe Mehrerträge lassen unter diesen Umständen Investitionen
lohnend erscheinen, und wenn dies gegeben ist, pflegen die
Eigentümer zur Selbstbewirtschaftung überzugehen.
Die Pachtdauer beläuft sich meist nur auf ein Jahr bei
mündlichen Verträgen mit oft stillschweigender Verlängerung,
aber Unsicherheit und daraus resultierender Abhängigkeit.
Gerechte Teilbauverhältnisse erlauben eine Teilung von
Kapital und Risiko. Die einseitige Verschiebung der Machtverhältnisse
am Pachtmarkt durch die hohe Nachfrage aufgrund der Bevölkerungsvermehrung
hat den Teilbau entarten lassen und zur Verschuldung, Abhängigkeit
und Verelendung vieler Teilpächter geführt.
Landwirtschaftliche Pacht bringt Flexibilität in die
Eigentumsstruktur der Landwirtschaft, erlaubt Anpassung an
sich ändernde wirtschaftliche und familiäre Gegebenheiten
und ermöglicht auch kapitalarmen Personen, eine eigene
Landbewirtschaftung aufzunehmen. Dabei kann der Verpächter
mit seinem Kapital und Wissen positive Einflüsse ausüben.
Solche Wirkungen treten aber nur bei Vorhandensein gewisser
Rahmenbedingungen ein, die in den Entwicklungsländern
meist nicht gegeben sind. Sobald der Pachtmarkt aus dem Gleichgewicht
gerät, führt Pacht zu schlechter Bewirtschaftung,
Raubbau, Abhängigkeit und Ausbeutung.
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