5.3 Familienlandwirtschaft
Kennzeichnend für die Familienlandwirtschaft ist die
wirtschaftliche und soziale Einheit von Betrieb, Familie und
Haushalt. Diese Form findet sich in Europa, als Farmwirtschaft
in den europäischen Siedlungskolonien, aber auch in weiten
Teilen der übrigen Welt. Der Boden befindet sich in meist
ererbtem Individualeigentum, manchmal ergänzt durch Zupacht
und Nutzungsrecht an Gemeineigentum (zur zahlenmäßigen
Bedeutung und zur soziologischen Problematik —> VON
BLANCKENBURG und SACHS, Abschn. 1 u. 2).
Solange die Betriebsgrößen ausreichend sind,
erweist sich die Familienlandwirtschaft meist als stabiles,
leistungsfähiges System. Ein Rückgang der Betriebsgrößen,
etwa durch Erbsystem oder Verschuldung nach wirtschaftlichen
Änderungen, bringt das System in Schwierigkeiten und
führt zu Eigentumsverlusten, Konzentration des Eigentums
in Händen wirtschaftlich Stärkerer und Übergang
zu anderen, meist feudalen Agrarsystemen.
In neuerer Zeit ist in vielen Ländern eine gewisse
Dynamik in die sonst recht konservative Familienwirtschaft
gekommen. Fortschrittliche Betriebe gehen zur Marktorientierung
über, beginnen mit systematischem Einsatz von Kapital
und mit der Anwendung moderner Wirtschaftsmethoden. Die jüngere
Generation geht einer Fachausbildung nach und nutzt die Möglichkeiten
des Beratungsdienstes. Besonders wenn die Organisation von
Bezug und Absatz durch genossenschaftliche Organisation sichergestellt
ist, steigert sich die Leistungsfähigkeit der Betriebe
erheblich. In anderen Fällen überläßt
die staatliche oder halbstaatliche Organisation es nicht dem
Einzelnen, sich moderner Wirtschaftsweise zuzuwenden, sondern
in einer „Produktion unter Aufsicht" (52) werden
ihm die Schlüsselfunktionen der Betriebsführung
aus der Hand genommen und von qualifizierten Fachkräften
ausgeübt. Dieses Verfahren wird besonders bei Siedlungs-
und Bewässerungsprojekten angewandt, um die Nutzung der
mit großem Aufwand geschaffenen Möglichkeiten zu
sichern. Aufkommende Vertragslandwirtschaft ist ein anderes
Beispiel der Beeinflussung der Betriebsführung von außen,
aber auch Beispiel für die Tendenz, wirkliche Selbständigkeit
aufzugeben. Schließlich kann man in Gebieten mit stärkerer
landwirtschaftlicher und nichtlandwirtschaftlicher Entwicklung
das Aufkommen von nichtlandwirtschaftlichen Erwerbschancen
im sekundären und tertiären Bereich feststellen.
Inhaber von zu kleinen Betriebseinheiten kombinieren unter
solchen Verhältnissen landwirtschaftliche mit nichtlandwirtschaftlicher
Erwerbstätigkeit und gehen zu verschiedenen Formen von
Zu- und Nebenerwerbsbetrieben über.
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