2.e) Arbeitstechnik und Beschäftigung
Die Wahl der Arbeitstechnik, also die Entscheidung zwischen
arbeits- und kapitalintensiven Verfahren bei Entwicklungsprojekten
aller Art, hat besonders starken Einfluß auf den Beschäftigungseffekt,
sowohl was die Qualität als auch die Quantität der
benötigten Arbeitskräfte betrifft. Angesichts der
in großer Zahl zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte
und des starken Grades der Unterbeschäftigung sollte
man annehmen, daß arbeitsintensive Verfahren vorzuziehen
seien. In der Praxis ist meist das Gegenteil der Fall. Projekte
aller Art sind oft in Entwicklungsländern so kapitalintensiv
wie in Industrieländern mit sehr hohen Löhnen und
Knappheit an Arbeitskräften.
Hierfür sind viele Gründe anzuführen: Vielfach
hindert Mangel an Kenntnissen die Anwendung alternativer Produktionsmethoden.
Die Fachkräfte haben in den Industrieländern ihre
Ausbildung erhalten und dort nur kapitalintensive Verfahren
kennengelernt. Teils müßten Geräte und Ausrüstungen
für arbeitsintensive Produktionsverfahren überhaupt
erst entwickelt werden. Aus Prestigegründen wünschen
die Unternehmer oft ein Produktionssystem, das dem in den
Industrieländern gleich ist. Die Techniker verlangen
es ebenfalls, um ihre Kenntnisse daran zu demonstrieren. Während
diese Argumente in erster Linie für die Industriebetriebe
gelten, haben andere ebenso für Hoch-und Tiefbau, Straßenbau
usw. ihre Gültigkeit. Arbeitsintensive Methoden verlangen
eine große Zahl von Aufsichtspersonen und anderem Personal
gehobenen Niveaus, das schwer zu finden und kostspielig auszubilden
ist. Zudem muß damit gerechnet werden, daß die
menschliche Arbeit in Zukunft teuer wird. Die Tätigkeit
der Gewerkschaften ist recht rege, und wenn auch hohe Löhne
kaum den Marktgegebenheiten entsprechen, so birgt dieser Faktor
doch erhebliche Unsicherheiten in sich. Schließlich
ist auch die Politik der Regierungen nicht unbedingt für
arbeitsintensive Verfahren förderlich. Die Steuergesetze
fast aller Länder gewähren Ermäßigungen
für Investitionen, aber selten für die Schaffung
neuer Arbeitsplätze.
Eine Reihe von Studien hat gezeigt, daß es keine allgemeingültige
Antwort auf die Frage gibt, ob kapital- oder arbeitsintensive
Methoden wirtschaftlicher sind. Dies hängt von den Umständen
des Einzelfalles und solchen Faktoren wie verfügbarer
Zeitraum, Umfang der Arbeiten, Möglichkeiten, die Maschinen
anschließend anderweitig auszunutzen, usw. ab. Sicherlich
gibt es aber erheblich mehr Möglichkeiten zur Ausnutzung
arbeitsintensiver Methoden als zur Zeit genutzt werden. Geeignete
Regierungsmaßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung
könnten hier die Relation der Faktorpreise entsprechend
beeinflussen.
Überhaupt werden die makroökonomischen Aspekte
des Problems nur wenig beachtet. Die Entscheidung zwischen
arbeits- und kapitalintensiven Arbeitsverfahren beeinflußt
die Art der Einkommensverteilung und hat so weitreichende
soziale Konsequenzen.
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