3.b) Landwirtschaftliche Siedlungsprojekte

Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Verbesserung der traditionellen Landwirtschaft haben viele Länder spezielle Siedlungsprojekte durchgeführt. Ihr Hauptziel ist es, wirtschaftliche Betriebseinheiten zu entwickeln, um die Nahrungsproduktion für den Markt zu erhöhen und der Landbevölkerung zu demonstrieren, daß die Landbewirtschaftung ein einträglicher Beruf sein kann. Nicht selten wird jedoch ausdrücklich auch eine Besserung der Beschäftigungssituation als Ziel von Siedlungsprojekten angeführt. Die Art der Siedlungsprojekte ist sehr unterschiedlich:

Einige Projekte haben speziell die Ansiedlung von arbeitslosen Schulentlassenen zum Ziel, die zwar nicht willens waren, in der traditionellen Landwirtschaft zu bleiben, aber doch Interesse an einer modernen Landbewirtschaftung fanden. Diese Programme waren jedoch nicht sehr erfolgreich. Die jungen, meist unverheirateten Männer erwiesen sich als zu unstet und verließen oft die Siedlungen wieder, sobald sie eine andere Arbeit fanden.

Man versuchte, durch eine zweijährige Ausbildung alle nicht wirklich an der Landwirtschaft Interessierten abzuschrecken und auf diese Weise die Quote derjenigen zu senken, die das Projekt verlassen. Auch sonst ergaben sich zahlreiche Probleme. Da die Siedler durchweg noch jugendlichen Alters waren, fehlte es an der natürlichen Altersstruktur in den Siedlungen. Der erhoffte Demonstrationseffekt der modernen Betriebe mit jungen, fortschrittlichen Landwirten blieb aus, weil die jungen Siedler zum Teil nicht über die dazu nötigen überdurchschnittlichen Fachkenntnisse verfügten, dann aber auch die geschlossenen Siedlungen zu wenig Kontakte mit anderen Landbewohnern ermöglichten. Deshalb wurde vorgeschlagen, solche Siedlerstellen verstreut inmitten der traditionellen Landwirtschaft anzulegen. Vielfach stehen dem jedoch die Bodenrechte entgegen. Der beabsichtigte Beschäftigungseffekt dieser Maßnahmen ist gering. Aus organisatorischen und finanziellen Gründen kann nur eine so geringe Zahl von Jugendlichen angesiedelt werden, daß sich davon keine spürbare Entlastung des Arbeitsmarktes ergibt.

Bei einer Reihe von Siedlungsprojekten wird gleichzeitig eine „Villagisation" bezweckt, d. h. man versucht, die bisher über das Land verstreut lebenden Familien in neu eingerichteten Dörfern anzusiedeln. Man geht von dem Gedanken aus, daß Schulen, Krankenstationen, Gemeindeeinrichtungen sowie die infrastrukturellen Voraussetzungen für Produktion und Vermarktung leichter und billiger für eine in größeren Dörfern als für eine verstreut lebende Bevölkerung bereitgestellt werden können. Solch eine Villagisation hat eindeutig Vorteile, besonders, wenn geeignete Maßnahmen sicherstellen, daß die gebotenen Möglichkeiten auch tatsächlich ausgenutzt werden. Es bleibt aber abzuwarten, wie sehr und wie schnell sich die Bevölkerung auf diese ihren Sitten und Gewohnheiten fremden Lebensverhältnisse umstellen wird.

Zu den derzeit negativen Auswirkungen der Villagisation dürfte auch der Beschäftigungseffekt zählen. Als Ergebnis der strukturellen Umorganisation dürfte es dazu kommen, daß früher Unterbeschäftigte jetzt arbeitslos werden. Falls nicht ein Ausgleich durch neu entstehende Arbeitsplätze im Dorf geschaffen wird, müßten Maßnahmen der Beschäftigungsförderung mit der Villagisation einhergehen.

Ganz allgemein ist die Rechtfertigung der Siedlungsprojekte auf anderen Gebieten als der Beschäftigung zu suchen, obwohl dieser Bereich unter den Zielen oft genannt wird. Die Kosten für eine Siedlerstelle belaufen sich zur Zeit auf bis zu 15 000—25 000 DM. Dieser hohe Aufwand bewirkt allein schon, daß die Zahl der Siedlungen und damit die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze klein sein muß. Man kann sich sogar fragen, ob es gerechtfertigt ist, solche Beträge für eine Familie aufzuwenden. Vom Standpunkt der Beschäftigungsförderung aus wäre sicherlich die Verwendung der Gelder zur Verbesserung der traditionellen Landwirtschaft oder in der Industrialisierung wirksamer. Die Rechtfertigung von Siedlungsprojekten liegt auf anderem Gebiet.