1.2 Diskussion der Zielsetzung
Hinsichtlich des Beschäftigungsbegriffes und der Zielsetzung,
die man mit Beschäftigungsförderung anstrebt, ist
es in den letzten 30 Jahren zu einem bemerkenswerten Wandel
gekommen:
In den 50er Jahren lag die Betonung auf dem Produktionsaspekt
der Beschäftigung. Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung,
also ein ungenutztes Beschäftigungspotential, wurden
als wachstumsbegrenzende Ressourcenverschwendung angesehen,
und Schwerpunkt der Diskussion waren Messung des Ausmaßes
der Unterbeschäftigung und Möglichkeit des Einsatzes
dieses Potentials. Die Überlegungen von Ragnar Nurske
(15) wurden weltweit diskutiert.
Die begrenzten Erfolge der frühen Entwicklungsbestrebungen,
insbesondere die geringen Wirkungen auch der Landwirtschaftsförderung
für die ärmsten Bevölkerungsteile, bewirkten
seit den 60er Jahren eine stärkere Betonung des Einkommensaspektes
der Beschäftigung. Arbeitsmangel bewirkt Armut, daher
müssen Arme in den Produktionsprozeß integriert
werden. Es geht nicht nur um Steigerung der meßbaren
Beschäftigung, sondern um mehr Existenzen, also Fälle,
in denen durch produktive Beschäftigung die absolute
Armut beseitigt und ein Minimaleinkommen geschaffen wird.
Auch die Verteilung der Beschäftigung ist von Bedeutung.
Ziel ist Einkommen durch Arbeitsbeschaffung für Personen,
die bisher benachteiligt waren.
In neuerer Zeit spielt der Anerkennungsaspekt eine große
Rolle. Beschäftigung ist nicht nur Nutzung eines Produktionspotentials
und Mittel zum Einkommenserwerb, sondern auch Mittel zu solchen
Grundwerten wie Integration, Partizipation und Selbstverwirklichung.
Mängel auf diesen Gebieten im ländlichen Raum sind
neben ökonomischen Faktoren wichtige Ursache für
Frustrationen besonders der Jugend und für die Abwanderung
in die Städte.
Bei allen Unterschieden in der Betonung einzelner Aspekte
- die hatürlich auch vom entwicklungspolitischen Standpunkt
des Betrachters beeinflußt werden gibt es doch einige
Gemeinsamkeiten:
- Die Forderung nach mehr Beschäftigung rührt
nicht von calvinistischer Glorifizierung der Arbeit als
solcher her
- Vermehrter Arbeitsaufwand muß verbunden sein mit
höherer Produktion, besserer Produktivität und
höherem Einkommen
- Es geht nicht nur um mehr Beschäftigung, sondern
um mehr Beschäftigung für Arme und Landlose, also
um eine bessere Verteilung der Beschäftigung.
Damit zielt Beschäftigungsförderung nicht auf mehr
Arbeit als solche, sondern auf Erhöhung der Einkommen
und sozialen Anerkennung. Das Beschäftigungsproblem der
Entwicklungsländer wird besser als durch Mangel an Arbeit
als Unfähigkeit, Minimaleinnahmen und soziale Integration
durch Einsatz der Arbeitskraft zu erzielen, definiert.
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mit: 1.3
Gruppenspezifische Unterschiede
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