2.2 Produktionsverfahren

In der Landwirtschaft wird eine Fülle von Verfahren angewandt, um möglichst gute Produktionsergebnisse zu erzielen. Diese mögen auf biologisch technischem Gebiet liegen und durch Optimierung der Wachstumsbedürfnisse die Voraussetzungen für eine Entfaltung der Wachstumsenergien der Kulturpflanzen und Haustiere herbeiführen. Sie können auch auf mechanisch technischem Gebiet liegen und die qualitative und quantitative Leistungsfähigkeit der Menschen durch Geräte und Maschinen vergrößern. Von beiden gehen Wirkungen auf den Umfang der Beschäftigung in der Landwirtschaft aus:
Auf biologisch technischem Gebiet sind Saat und Pflanzarbeit bei der Landbewirtschaftung weitgehend unelastisch in ihrem Arbeitsbedarf, während in den Pflegearbeiten, z.T. auch in der Bodenbearbeitung, eine erhebliche Möglichkeit der Ausdehnung des Arbeitsaufwandes besteht. Unter ostasiatischen Rahmenbedingungen, besonders bei bestehenden Bewässerungssystemen und funktionierendem Wasser Management, hat der Mehraufwand von Arbeit sich eindeutig in Mehrerträgen ausgewirkt. Von Java wird über Mehraufwand an Arbeit ohne Ertragssteigerung berichtet, wofür der Ausdruck„ Involution" geprägt worden ist. Große Chancen für produktive Arbeiten bestehen auch bei der Bereitung und Anwendung von Stalldünger, Gründünger und Kompost inklusive der Fäkalienvergärung, wofür besonders Japan ein Beispiel ist. Traditionelle Ernteverfahren sind oft sehr arbeitsaufwendig, so daß Saisonarbeiter beschäftigt werden müssen. In manchen Gesellschaften wird durch besondere Verfahren versucht, der Belastung Herr zu werden, z.B. durch Gruppenarbeit in gegenseitiger Hilfe, gemeinschaftliches Kochen zur Erleichterung der Frauenarbeit etc.
Neuerdings spielt der Einsatz von Hochleistungs Saatgut eine große Rolle. Dieses steigert meist den Arbeitsbedarf durch spezielle Pflegeerfordernisse, höheren Betriebsmitteleinsatz und höhere Erträge. Die seit einiger Zeit verstärkt eingesetzten Handelsdünger haben wenig Mehraufwand an Arbeit bewirkt, besonders wenn das Ausstreuen maschinell durchgeführt wird. Falls, wie mancherorts, der Handelsdünger den wirtschaftseigenen Dünger ersetzt, ist mit einem Rückgang des Arbeitsaufwandes zu rechnen. Ebenso wenig durchschlagend sind die Arbeitserfordernisse der chemischen Schädlingsbekämpfung. Die chemische Unkrautbekämpfung ist zwar ertragserhöhend, aber eher den Arbeitsaufwand reduzierend. Da Herbizide zu bezahlen sind, oft für die gegenüber früher freigesetzte Arbeitskraft keine alternative Verwendung besteht, mag es leicht zu einem Rückgang im Einkommensniveau kommen. Zwischen all diesen Verfahren gibt es vielfältige Wechselbeziehungen. Die „Grüne Revolution" hat leider den Blick dafür getrübt, daß Ertragssteigerungen unter manchen Bedingungen auch durch Mehreinsatz von Arbeit möglich sind, also durch höhere Bewirtschaftungsintensität.
Zwar setzen die Ertragsgesetze dem produktiven Mehraufwand von Arbeit Grenzen, aber diese sind oft nicht ausgeschöpft, und außerdem kann die Umkehr der Ertragskurve vielfach durch Änderung der Rahmenbedingungen hinausgeschoben werden. Das markanteste Beispiel dafür ist die Einführung oder Verbesserung von Bewässerung.
Dem Bericht der mechanisch technischen Produktionsverfahren wird besonders in neuerer Zeit nachgesagt, mit seinen Neuerungen negative Beschäftigungseffekte zu bewirken, ohne daß dies allerdings immer zuträfe. Der ursprüngliche mechanisch technische Fortschritt diente dazu, durch Geräte die Leistungsfähigkeit von Mensch und Tier zu vergrößern und so die Agrarproduktion effizienter zu gestalten. Von dieser frühen Mechanisierung gingen auch weniger arbeitssparende als ertragssteigernde Wirkungen aus. Dies hat sich durch die Mechanisierung der Landwirtschaft in neuerer Zeit geändert. Allerdings sind auch hier die Wirkungen der Mechanisierung differenziert zu sehen. Zunächst kann Mechanisierung arbeitssparend, arbeitserleichternd, qualitätsverbessernd und ertragssteigernd sein, und manche dieser Wirkungen sind ausgesprochen wünschenswert. Außerdem besteht in der Landwirtschaft vieler Gebiete ein ausgesprochener Mangel an Energie für Zugkraft, der nur durch Mechanisierung ausgeglichen werden kann. Die Mechanisierungsdiskussion, die sich hauptsächlich am Arbeitseffekt entzündet, sollte weniger fragen „Mechanisierung oder nicht`, als vielmehr „Welche Mechanisierung". Dies soll am Beispiel von drei Mechanisierungsbereichen, den Rohrbrunnen, den Traktoren und den Erntemaschinen, dargestellt werden. Die Einführung von Rohrbrunnen mit Pumpen ist eine Mechanisierungsform mit ausgesprochen beschäftigungsausweitender Wirkung. Bewässerung macht Änderungen im Anbausystem, Steigerung der Anbauintensität und Erhöhung des Ertragsniveaus vielfach erst möglich, hat also eine Art Katalysatorwirkung in diesem Bereich. Hinzu kommt der beträchtliche Arbeitsaufwand bei der Bewässerung und der Pflege der Kanäle und Gräben. Pumpenwärter sind zudem oft die ersten Arbeitskräfte mit qualifizierten Aufgaben. Rohrbrunnen sind ein Beispiel für landersetzende, beschäftigungserweiternde Mechanisierung. Es gibt kaum eine Maßnahme mit gleicher Beschäftigungswirkung wie die Einführung der Bewässerung.

Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung ist die Beschäftigungswirkung der Einführung von Traktoren je nach Rahmenbedingungen recht unterschiedlich. Wichtigster differenzierender Faktor ist zunächst einmal die Fristigkeit der Betrachtung. Kurzfristig hängt die Beschäftigungswirkung der Traktoren von der Agrarverfassung ab. Bei Familienarbeitsverfassung erfolgt keine Freisetzung, es entsteht höchstens Unterbeschäftigung bei den Familienangehörigen. Falls die Mechanisierung zur Einkommenserhöhung führt, wird niemand Einwände gegen die Arbeitserleichterung haben. Bei Großgrundbesitz mit Bewirtschaftung im Teilbau ist mit Entlassung der Pächter zu rechnen, da die Ochsen nicht mehr benötigt werden und das Teilbauverhältnis dann teurer ist als die Beschäftigung von Lohnarbeitern. Meist werden weniger Lohnarbeiter als früher Teilpächter beschäftigt. Bei Lohnarbeitsbetrieben ist nach Einführung von Traktoren mit einer Entlassung eines Teils der Arbeiter zu rechnen, da die Gespannführer nicht mehr benötigt werden. Das Ausmaß der kurzfristigen Mechanisierungswirkung auf die Beschäftigung hängt von der Geschwindigkeit ihrer Einführung und dem Umfang gleichzeitiger Intensivierung ab. Ein Traktor pro Dorf wird kaum Arbeitskräfte freisetzen, Gebietes durch staatliche Maschinenstationen kann erhebliche Auswirkungen haben.
In langfristiger Betrachtung vermag die Einführung von Traktoren durchaus Mehrarbeit zu schaffen. Zunächst setzt ein Traktor primär nicht menschliche, sondern tierische Arbeitskraft frei. Nutzung von Zugtierfutterfläche durch Milchvieh oder mit anderen Verkaufsfrüchten bringt Mehrarbeit. Außerdem schafft der Traktor ein Potential durch größere Schlagkraft und macht so Intensivierung, Mehrfachanbau und Ertragssteigerung durch bessere Bodenbearbeitung möglich, die alle beschäftigungssteigernd wirken. Wichtig für die Realisierung dieses Potentials ist eine schnelle Ausschöpfung der Möglichkeiten, die durch den Traktor geschaffen werden, wozu eine intensive Beratungsarbeit notwendig ist. Der Zwang zu Einkommenserhöhungen wegen des Kapitaldienstes für die Investition bewirkt oft eine große Bereitschaft, Ratschlägen Folge zu leisten. Fehlende Beratung ist Hauptursache für negative Beschäftigungswirkung der Traktormechanisierung. Diese ist meist bei einzelnen Arbeitsvorgängen festzustellen, nicht aber beim Betrachten des ganzen Anbausystems. Bei der Traktorisierungsdiskussion ist noch zu berücksichtigen, daß der Traktor Prestige und Anerkennung in der Agrargesellschaft bringt und besonders für die Söhne von Familienbetrieben nicht selten eine positive Einstellung zu ihrer Arbeit bewirkt: Schließlich entstehen durch Traktoren neue qualifizierte Arbeitsplätze für Schlepperfahrer, im Handel und im Reparaturdienst, so daß incl. vor und nachgelagerter Bereiche der Beschäftigungseffekt durchaus positiv sein kann. Empirische Untersuchungen kommen allerdings zu uneinheitlichen Ergebnissen.
Während die Traktormechanisierung negative Ergebnisse meist nur bei Betrachtung des Bedarfs an Arbeitstagen für einzelne Arbeitsgänge aufweist, nicht aber bei Untersuchung von Produktion, Einkommen und ganzen Betriebssystemen, hat die Erntemechanisierung bei Getreide leicht arbeitsfreisetzende Wirkung. Bei Verwendung kleiner
massive Mechanisierung eines Dreschmaschinen ist dies noch begrenzt, erreicht aber gefährlichen Umfang bei Einsatz von Mähdreschern und Mähmaschinen. Hier wird nicht nur auf der Handarbeitsstufe sehr aufwendige Emtearbeit durch effiziente Maschinen ersetzt. Eine zusätzliche Problematik entsteht dadurch, daß der Arbeitsbedarf zur Erntezeit in Akkordarbeit mit Höchstlöhnen ausgeführt wird, die den viele Tage im Jahr arbeitslosen Gelegenheitsarbeitern überhaupt erst eine Existenz ermöglichen. Die Maschine setzt hier also nicht nur Arbeitskräfte für eine bestimmte Zahl von Erntetagen frei, sondern vernichtet Existenzen.