1.4 Ausprägung der Beschäftigungsprobleme auf dem Lande

In regional unterschiedlicher Zusammensetzung und Bedeutung spielen folgende Problemgruppen eine Rolle in ländlichen Gebieten, wobei Überschneidungen durchaus vorkommen:

Arbeitslose Jugendliche

Arbeitslosigkeit ist auf dem Lande selten, weil sich jeder wegen , mangelnder Sozialversicherung eine Tätigkeit suchen muß. Bei schnellerer Entwicklung eines unangepaßten Erziehungswesens, als entsprechende Arbeitsplätze entstanden sind, bildet sich jedoch eine beachtliche Zahl von jungen Arbeitslosen auch in ländlichen Gebieten. Es handelt sich kaum um Familienoberhäupter, sondern um Kinder bessergestellter Familien, die es sich leisten können, Arbeit abzulehnen, die nach Status, Einkommenshöhe, Jobsicherheit nicht ihren Wünschen entspricht. Das unmittelbare Einkommensbedürfnis dieser Personen ist begrenzt, da sie am (meist Renten) Einkommen der Familie teilhaben und eine Strategie langfristiger Einkommensmaximierung durch Warten auf eine hochbezahlte Stellung verfolgen können. Entwicklungspolitisch ist die Gruppe von großer Bedeutung, nicht nur weil hier knappe Qualifikationen in ländlichen Gebieten nicht ausgenutzt werden, sondern auch weil sie in ihrer Frustration leicht zu Störern des sozialen Friedens werden und nicht selten in örtlichen sozialen und wirtschaftlichen Gruppierungen, wie Genossenschaften, disfunktional auftreten.

Unterbeschäftigte in Familienarbeitsverfassungen

Unterbeschäftigung ist bei dieser zahlenmäßig bedeutenden Gruppe besser durch den Zustand unzureichenden Einkommens für ein gesellschaftlich akzeptables Lebensniveau der Familie gekennzeichnet, als nach dem Zeitaufwand. Es handelt sich um kleine Landbewirtschafter mit gemessen an der Zahl der Familienarbeitskräfte zu geringer Aussattung mit Land und komplementären Ressourcen. Sie teilen sich in die verfügbare Arbeit und versuchen die knappen Ressourcen durch Mehreinsatz von Arbeit zu substituieren (z.B. Futter sammeln anstatt Futteranbau), was zu sinkender Produktivität und sinkendem Einkommen führt. Dieser Zustand nimmt mit steigender Bevölkerungsdichte, z.B. in Südasien, immer mehr zu. Bemerkenswert ist, daß es sich hier nicht um einzelne Personen, sondern um ganze Familien handelt.

Normenerzwungene Untätigkeit

Von Kultur zu Kultur unterschiedlich verbreitet und ausgeprägt gibt es Personen, die durch die bestehenden sozialen Normen gehindert werden, selbst zu arbeiten, oder die zumindest auf bestimmte, meist Aufsicht führende Tätigkeiten beschränkt werden. Alter, Status, Kastenzugehörigkeit u.ä. Eigenschaften können „institutionell arbeitsunfähig" machen, obwohl prinzipiell Arbeitsfähigkeit vorliegt und auch teilweise Bedarf nach höherem Einkommen besteht, ja sogar Arbeitsmöglichkeiten vorhanden wären.

Landwirtschaftliche Fremdarbeitskräfte

Dieser sehr heterogenen Gruppe ist gemeinsam, daß sie neben ihrer Arbeitskraft über keine weiteren Produktionsfaktoren verfügen, also nur durch Arbeit gegen Bezahlung zu Einkommen gelangen. Manchem Landarbeiter oder Handwerker gelingt es, eine ständige Anstellung bei einzelnen oder Gruppen von Landbewirtschaftern zu finden. Aber manchmal müssen sie diese Sicherheit durch geringeren Lohn und eingeschränkte Freizügigkeit erkaufen. Die ländlichen Gelegenheitsarbeiter finden meist nur für eine begrenzte Zeit, teils weniger als die Hälfte der Arbeitstage eines Jahres, Arbeit. Nur durch überdurchschnittliche Löhne während der Ernte, die in Akkord ausgeführt wird, können sie notdürftig ihr Dasein fristen. In dichtbesiedelten Ländern ist ihre Zahl im schnellen Steigen begriffen.

Personen in „low pay Jobs"

Besonders Familien der Unterschicht vermögen teilweise nicht alle Angehörigen zu unterstützen. Sozialer Druck der Familie zwingt deshalb einzelne Angehörige, sich Erwerbsquellen zu erschließen. Unter Mangel an produktiven Arbeitsplätzen bietet sich oft nichts anderes an, als sogenannte „escape jobs", Tätigkeiten mit niedriger Produktivität und Bezahlung, wie Botengänge, Handel kleinsten Umfangs, Vermittlungen, Wagen auf und abladen usw. Diese früher nur in Städten anzutreffende Kategorie ist zunehmend auch auf dem Lande anzutreffen.

Behinderte Personen

Personen mit Behinderungen wegen Krankheit, körperlicher Gebrechen oder schlechten Ernährungszustands arbeiten oft vollzeitlich, aber wegen ihrer Behinderung mit geringer Intensität, besonders wenn keine ihnen gemäßen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Entsprechend niedrig sind die Einkommen.
Alle diese unterschiedlichen sozialökonomischen Situationen die Klassifikation ließe sich unschwer verfeinern haben andere Schwachstellen und Probleme, denen nur mit jeweils angemessenen Maßnahmen entgegengewirkt werden kann. Manchmal fehlt ihnen Arbeit, manchmal Land oder andere komplementäre Ressourcen, teilweise aber auch nur Rechte, oder aus einer anderen Zeit stammende Normen sind das Hindernis. Wegen des Themas dieses Referates liegt hier das Hauptaugenmerk auf der Beschäftigung.