2.4 Nicht monetäre Kapitalbildung
In allen Gesellschaften setzen die Landbewirtschafter ihre
Arbeitskraft nicht nur zur direkten Agrarproduktion ein, sondern
auch indirekt, indem sie die Produktionsgrundlage verbessern
und so eine höhere Produktion in Zukunft bewirken. Solche
Kapitalbildung kommt auch außerhalb der eigentlichen
Landbewirtschaftung vor, etwa bei Arbeiten zur Verbesserung
der Lebensverhältnisse im Dorf, zur Entwicklung der Infrastruktur
u.ä. Die Landwirtschaft hat ja eine alte Tradition in
nicht monetärer Kapitalbildung: Die Masse der Veränderungen
unserer Kulturlandschaft gegenüber der alten Kulturlandschaft
rührt her von jahrhundertelangen Arbeitsaufwendungen
der Landbevölkerung zur Verbesserung ihrer Lebensgrundlage:
Steineablesen, Rodungen, Einebnungen, Einzäunungen, Anlage
und Unterhaltung von Wegen, Gräben, Bewässerungsanlagen,
Aufforstungen usw. Im Einzelfall handelt es sich um kleine
Zuwächse im Kapitalstock, die über lange Zeit und
große Gebiete jedoch von hoher Bedeutung sind. Sie erhöhen
die Qualität der Produktionsgrundlage und damit langfristig
das Einkommen und verbessern die Lebensbedingungen der Menschen.
Eine Erhöhung der Beschäftigung auf diesem Gebiet
hat also mit gewisser Zeitverzögerung ähnliche Wirkungen
wie in der direkten Produktion.
Am günstigsten sind die Voraussetzungen bei Arbeiten
innerhalb eines Familienbetriebes. Hier besteht weder ein
Organisations noch ein Lohnproblem. Jeder arbeitet für
einen zukünftigen Mehrertrag zugunsten der Familie. Allerdings
sind der Ausdehnung hier oft Grenzen dadurch gesetzt, daß
im Laufe von Generationen die meisten der auf der Ebene des
Einzelbetriebes und mit den Kräften der Einzelfamilie
auszuführenden Arbeiten bereits erledigt sind und man
weitgehend auf Erhaltungsarbeiten beschränkt ist. Größer
werden die Möglichkeiten, wenn die Ebene des Einzelbetriebes
verlassen wird und solche Arbeiten z.B. auf Dorfebene ausgeführt
werden. Allerdings steigen auch die Probleme. Die Familienbindung
ist nicht mehr wirksam und eine Interessendifferenzierung
tritt in Erscheinung. Es gibt wenig denkbare Projekte, die
für alle Familien von Interesse sind, so daß Nutzenüberlegungen
angestellt werden, die das Organisationsproblem erheblich
verkomplizieren. Außerdem erfordern viele Projekte Fachwissen
und Materialkosten. Erfordert die Projektart, daß mehrere
Dörfer sich beteiligen müssen, werden einerseits
Planungs und Koordinationsaufwand noch erheblich höher,
andererseits werden Interesse und Nutzen der Einzelnen diffuser
und man ruft leicht nach dem Staat.
Chancen für produktive Beschäftigung bei Arbeiten
zur Kapitalbildung hängen stark ab von den institutionellen
Gegebenheiten, die von Gesellschaft zu Gesellschaft schwanken.
Traditionelle Assoziationen zur Instandhaltung von Bewässerungssystemen
haben in Ostasien beachtliche Leistungen vollbracht. Auch
in anderen Teilen der Welt gibt es zahlreiche Beispiele für
Gemeinschaftsarbeiten. Wenn die institutionellen Voraussetzungen
nicht bestehen, ist es schwer, derartige Arbeiten zu organisieren.
An die Stelle traditioneller Institutionen können auch
kollektive Wirtschafts und Lebensformen treten. Die Arbeitseinheit
einer Volkskommune oder eines Kibbuz hat vergleichsweise größere
Möglichkeiten zur Kapitalbildung durch Arbeitseinsatz,
weil nur ein Teil der Arbeitskräfte entsprechend abgeordnet
werden muß. Wegen des Anteillohns tritt kein Nutzenproblem
für den Einzelnen auf. Diese Tatsache ist einer der ganz
großen Vorzüge des Kollektivsystems.
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mit: 3.
Beeinflussung des Beschäftigungsumfanges in der Landwirtschaft
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