2. Mängel der Agrarverfassung als Hindernisse für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung

Anpassungen der Agrarverfassung an sich ändernde Rahmenbedingungen sind ein fortlaufender Prozeß. In vielen Entwicklungsländern hinkt diese Anpassung so hinter den Erfordernissen her, daß nur energische und geplante Maßnahmen die Voraussetzungen für die angestrebte schnelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung bringen können. Wenn auch Agrarreformen in der Masse der Entwicklungsländer notwendig sind, so bestehen doch erhebliche Unterschiede in der Art der vorherrschenden Mängel und damit der erforderlichen Änderungen (-> KUHNEN, Agrarverfassung; 58, Bd. 6).

In Lateinamerika resultieren die Entwicklungshindernisse vor allem aus dem Nebeneinander von Latifundien und Minifundien. Die Großgrundbesitzer haben große wirtschaftliche und politische Macht, vielfach aber nur begrenztes Interesse an der Bewirtschaftung ihrer Landflächen. Den armen Kleinbauern, Pächtern und Landarbeitern fehlt Zugang zum Boden, und ihr Lebensstandard ist niedrig. Erforderlich ist hier in erster Linie eine Änderung der Machtverhältnisse, und da die Macht auf Kontrolle über Land basiert, eine Reform der Bodenbesitzverhältnisse.

Auch in Asien ist die Verteilung von Grundeigentum vielfach ungleich, obwohl die Reformen der letzten Zeit die Extreme schon beseitigt haben. Pacht, vielfach unter erheblichen Strukturmängeln, ist weit verbreitet. Große Flächen werden in Teilpacht bewirtschaftet, und die Betriebe sind oft sehr klein und verschuldet. Die Produktivität ist niedrig, besonders auch wegen fehlendem Zugang zu Förderungsdiensten. Unter diesen Umständen ist vielfach eine Änderung der Bodenbesitzverhältnisse angezeigt, zunehmend sind aber auch gleichzeitige Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenbewirtschaftung erforderlich.

Die ländlichen Gesellschaften Afrikas sind relativ egalitär, aber die überkommene Umlagewirtschaft funktioniert unter den heutigen Rahmenbedingungen nicht mehr. Hier besteht weniger Bedarf an Änderungen der Bodenbesitzverhältnisse als an einer Neuordnung der Produktion.