7.2 Durchführung von Siedlungsmaßnahmen

Siedlungsmaßnahmen sind sehr komplexe Projekte, die hohe Anforderungen an die Qualifikation des Personals stellen und viel Geld kosten (9). Da es an beidem oft mangelt und daher mit unzureichenden Mitteln gearbeitet wird, ist die Zahl der Fehlschläge groß und die „Geschichte der Siedlung eine endlose Verschwendung menschlicher und materieller Ressourcen" (JACOBY, 27).

Die Projekte beginnen mit der Auswahl der Siedlungsgebiete, wobei die Ziele der Siedlung wichtige Determinanten sind. Von großer Bedeutung für späteren Erfolg ist eine ausreichend gute Verkehrslage. Die Bodenrechtsverhältnisse einschließlich der Wasser- und Weiderechte müssen eindeutig geklärt sein, damit nicht später eine Verunsicherung der Siedler und ein Scheitern des Projekts eintritt. Die natürlichen Standortbedingungen müssen genau erfaßt werden. Sie bestimmen die Produktionsrichtung der späteren Betriebe. Letztere, aber mehr noch soziale Gesichtspunkte, sind maßgebend für die Wahl zwischen Einzelhofsiedlung, Hofgruppe oder Dorfsiedlung, wobei meist letzteren der Vorzug gegeben werden sollte.
Von großem Einfluß auf das spätere Projekt ist die Siedlerauswahl. Sie beginnt mit dem Aufstellen von Anforderungskriterien und der Werbung um Kandidaten. Es hat sich als hilfreich für das Entstehen sozialer Gebilde erwiesen, wenn die Siedler eines Projektes gleiche Religions- und Stammeszugehörigkeit haben. Homogene Gruppen von Siedlern sind oft nicht erfolgreich. In Projekten, in denen nur junge Leute oder nur Veteranen als Siedler angenommen werden, mögen zwar gleiche Interessen bestehen, aber es kommt zu Schwierigkeiten beim Aufbau gesunder Bevölkerungsstrukturen wegen des Fehlens einer normalen Altersschichtung. Auch mit Infrastruktureinrichtungen (Schulen) entstehen dann Probleme. Ebensowenig hat es sich bewährt, Siedlungen aus unverheirateten Siedlern zu bilden. Die Siedler sollten hohen Qualifikationskriterien standhalten, sowohl hinsichtlich landwirtschaftlicher Fachkenntnisse als auch in der Fähigkeit und Willigkeit, Strapazen und Rückschläge auszuhalten. Eine zusätzliche Schulung ist für den Erfolg sehr erwünscht. Zahlreiche Fragen treten bei der Auslegung der Betriebe bzw. Projekte auf. Die Größe der Einzelbetriebe hängt von betriebswirtschaftlichen

Erfordernissen, insbesondere aber vom angestrebten Einkommen ab. Zu niedrige Auslegung ist für gute Siedler nicht attraktiv genug und mag zu finanziellen Schwierigkeiten führen. Außerdem ist das Zieleinkommen dynamisch zu sehen, sonst besteht die Gefahr, daß die zweite Siedlergeneration abwandert. Andererseits darf aus Gerechtigkeitsgründen durch die Siedlungsmaßnahme keine weit über dem Einkommensdurchschnitt liegende Schicht von Landbewirtschaftern entstehen. Das Anbausystem muß die natürlichen und langfristigen wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigen, insbesondere aber auch den Subsistenzbedarf der Familien befriedigen. Ein Erfolg der Siedlung erfordert auch Bereitstellung von Diensten, die zur Landbewirtschaftung und für ein gesundes Sozialleben erforderlich sind (Beratung, Kredit, Beschaffung von Absatzmärkten, Gesundheitsdienst, Schulen, Verkehrsverbindungen etc.). Ausreichende Wohnungen für die Siedlerfamilien sind bereitzustellen.

Der Rechtsstatus der Siedler und das Ausmaß ihrer Kontrolle durch die Siedlungsbehörde sind zu klären. Dabei ist zwischen einer die Initiative lähmenden Reglementierung und einer den Erfolg gefährdenden Großzügigkeit ein Mittelweg zu finden. Dauerhafte Nutzungsrechte am Boden sind oft zweckmäßiger als Eigentum, weil die Siedler nicht durch Kaufraten für Boden belastet werden. Oft wird Unterteilung und Verkauf der Siedlerstelle verboten. Die Siedler bedürfen der Unterstützung bei ihrer Organisation zur Vertretung ihrer Interessen und zum Aufbau eines Soziallebens.

Bei der Finanzierung muß auf angemessene Eigenleistung der Siedler gesehen werden. Ein Rücklauf der hohen Aufwendung sollte beginnen, wenn die Siedlung in das Produktionsstadium gekommen ist. Meist werden alle Siedlerstellen gleich groß angelegt. Es sollte jedoch ein Regulativ zum Ausgleich zwischen mehr oder weniger Tüchtigen und großen oder kleinen Familien bestehen. Dies kann durch Zupachtung oder die Möglichkeit von Nebenbetriebszweigen (Viehhaltung) geschehen.
Wegen ihrer Komplexität lassen sich Siedlungsprojekte nur schwer bis in alle Details planen, und es werden viele unerwartete Probleme auftreten. Dies macht eine begleitende Evaluierung durch den Projektträger zur Korrektur und Anpassung der Maßnahme zwingend erforderlich.