5.3 Gegenläufige Aktivitäten

Die aus der Interessenlage der Betroffenen bei jeder Reform anzutreffenden Hemmungen und gegenläufigen Prozesse bewirken, daß die Reformerfolge geringer zu sein pflegen als die Erwartungen. Versuche zur Abwehr von Reformauswirkungen werden auf verschiedenen Ebenen unternommen. Sie sind um so erfolgreicher, je häufiger unklare Formulierungen, viele Ausnahmeparagraphen, Genehmigung der Aufteilung des Landes auf Familienangehörige vor Anwendung des Gesetzes auftreten und je unzureichender die administrativen Vorkehrungen für eine schnelle Durchführung sind. Nach Erlaß eines Reformgesetzes vermögen Prozesse, Bestechungen oder Behinderungen des Verwaltungspersonals die Durchführung zu hemmen oder aufzuschieben. Schließlich wird nicht selten versucht, die Reform umzukehren, also die alten Verhältnisse wieder herzustellen. Gerade in Ländern mit schnellem Wechsel von Regierungen gelingt dies in beträchtlichem Maße.

Angesichts der begrenzten Erfolgsaussichten vieler Agrarreformen wird nicht selten argumentiert, man solle doch gleich auf sie verzichten, und die angestrebten Ziele anders zu erreichen versuchen. Als Alternative werden besonders steuerliche Maßnahmen genannt. Zwar können Straf- und Anreizsteuern in Richtung auf Agrarreformziele wirken, aber diese Maßnahmen pflegen zu milde zu sein, besonders angesichts der geringen absoluten Höhe von Steuern für den Agrarsektor. Außerdem scheitert diese Alternative an der geringen Durchsetzungsfähigkeit der Steuerbehörden gerade in Ländern mit einem Bedarf an Agrarreform (—» MANIG, Abschn. 4.1). Nicht selten wird behauptet, daß durch normale agrarpolitische Maßnahmen auf längere Sicht die Reformziele auch erreicht werden können. Dies mag in gewissem Grade für die wirtschaftlichen Ziele gelten, jedoch kaum für die sozialen und politischen Ziele von Agrarreformen. In der Praxis werden bei diesen Maßnahmen die Kleinbauern und noch mehr die Landlosen ausgeschlossen bzw. benachteiligt, so daß die sozialpolitischen Probleme eher größer als kleiner werden.