1.1.1 Bodenordnung im alten Indien

Eine Nutzung des Bodens zur Nahrungserzeugung ist in Indien schon seit über 5000 Jahren nachweisbar. Anfangs übten Stämme Hoheitsrechte auf von ihnen besetzte Territorien aus, insbesondere Abgrenzung und Verteidigung nach außen.

Recht des Eroberers als erstes Bodenrecht

Die Stämme wiesen den einzelnen Familien Land zur Nutzung zu. Wer ein Stück Dschungel kultivierte, hatte auch das Recht, dieses Land zu nutzen, allerdings nur

Recht auf Grund von Urbarmachung als weiteres Bodenrecht

solange, wie es tatsächlich bebaut wurde. Verlassenes Land kam wieder unter die Verfügungsgewalt des Stammes.

Schwere Rodearbeit, Familienvergrößerung und bessere Verteidigungsmöglichkeiten führten im Laufe der Zeit zur Bildung von Dörfern, innerhalb derer die Regelung der Rechte am Boden organisiert wurde. Dabei haben sich zwei Formen herausgebildet:

  • Dörfer mit individuellen Rechten am Boden waren Zusammenschlüsse von Familien mit Rechten auf Grund von Urbarmachung. Die Landansprüche waren auf dieses urbargemachte Land begrenzt. Dazwischenliegendes unkultiviertes Land konnte zwar gemeinsam genutzt werden, aber ohne Ansprüche. Es gehörte dem Herrscher.
  • In Dörfern mit gemeinschaftlichen Rechten am Boden beanspruchte die Dorfgemeinschaft das Recht an der gesamten Gemarkung, und ein Panchayat (traditionelle Gemeinderäte) wies den einzelnen Familien Land zur Nutzung zu.

Die Rechte waren stets nur ein Privileg zur erblichen Nutzung und schlossen soziale Pflichten ein, besonders die Berücksichtigung der Belange der Dorfgemeinschaft.

Rechte am Boden schließen soziale Pflichten ein

Eigentum im westlichen Sinne bestand überhaupt nicht, war auch wegen des unbegrenzt zur Verfügung stehenden Dschungels nicht relevant.

Steigende Verteidigungsaufgaben bewirkten im Laufe der Zeit eine Konzentration der Autorität und damit die Bildung von Staaten mit Herrschern. Bald wurde eine Steuer zur Bestreitung der Regierungskosten eingeführt: Der Herrscher erhielt Anspruch auf einen Anteil am Kornertrag des bewirtschafteten Bodens, aber keinen Anspruch an diesem Boden und seiner Nutzung. Er hatte allerdings Anspruch auf das ungenutzt zwischen den Dörfern liegende Land.

Anspruch des Herrschers auf einen Anteil am Bodenertrag

Das Steuereinsammeln verlangte eine Beamtenhierarchie. Die Steuereinnehmer wurden mit einem Anteil der eingesammelten Steuer und einem Stück Kronland entschädigt. Dieses ‘Watan-Land’ war steuerfrei, erblich und transferierbar.

Übertragbare Bodenrechte aufgrund von Staatszuweisung an Beamte

Zur Verwaltungsvereinfachung in dem großen Land übertrug der Herrscher den Steuerertrag für bestimmte Gebiete an Personen, die in entfernten Gebieten Hoheitsaufgaben übernehmen mußten (Heere unterhalten, Straßen befahrbar machen), zunächst für die Dauer der Aufgabenerfüllung. Später wurden die Übertragungen erblich. Auch diese Übertragung betraf nur die Steuer, nicht aber den Boden. Wenn es zur Übertragung von Boden kam, dann nur aus Kronland. Die Rechte der Landbewirtschafter blieben unangetastet.