2.1.5 Landwirtschaftliche Pacht
Pacht ist Überlassung von Land
an einen Anderen zur Nutzung auf Zeit und gegen Entgelt. |
Pacht ist ein Produktionssystem, welches Rechte am Boden
mit Arbeit verbindet, um Einkommen zu schaffen und Agrarprodukte
zu erzeugen.
Pacht bringt Flexibilität in die starre Eigentumsstruktur
und ermöglicht einen Ausgleich und eine Anpassung der
wechselnden Verfügung von Land und Arbeit im Laufe des
Lebens, ohne daß eine Trennung vom Land endgültig
wird.
Pacht ermöglicht Landlosen und Landarmen ohne Kapital,
an der Agrarproduktion teilzuhaben und so eine Existenzgrundlage
zu schaffen. In Gegenden ohne nichtlandwirtschaftliche Beschäftigungsmöglichkeiten
ist sie außer Landarbeit bei anderen Betrieben oft die
einzige Existenzmöglichkeit.
In Asien kommen verschiedene Formen der Pacht vor:
Pachtformen:
- Pacht gegen eine fixe Entschädigung -
Pacht gegen eine fixe Geldsumme (Fixpacht) -
Pacht gegen eine fixe Menge Naturalien -
Pacht gegen eine fixe Zahl von Arbeitstagen
- Teilpacht (Teilbau) |
Pacht gegen eine fixe Entschädigung
- Pacht gegen eine fixe Geldsumme pro Jahr
Die Pacht gegen eine vereinbarte Geldsumme pro Jahr
oder Saison für eine Fläche ist die eindeutigste
Vertragsform. Trotzdem ist sie wenig verbreitet. Sie setzt
voraus, daß der Ertrag der Bewirtschaftung wenig
fluktuiert. Der Pächter hat nämlich das volle
Risiko zu tragen und muß dazu wirtschaftlich in
der Lage sein. Andererseits bietet ihm dieses Verhältnis
den Anreiz, durch Anstrengungen zu hohen Einkünften
zu gelangen, da ihm alle über das Fixum hinaus entstehenden
Erlöse selbst zufallen. Diese Form findet sich daher
bei der ‘Creme’ der Pächter, die in wirtschaftlich
guten Verhältnissen leben. Teils verpachten Grundbesitzer
heruntergewirtschaftetes Land an bekannt gute Landbewirtschafter
über mehrere Jahre, die es wieder in guten Zustand
bringen. Mit zunehmender Marktintegration und Modernisierung
der Landbewirtschaftung nimmt die Fixpacht gegen Geld
zu, während sie in Rückstandsgebieten kaum vorkommt
und auch wenig geeignet ist.
- Pacht gegen eine fixe Menge Naturalien
Wenig verbreitet ist auch die Pacht gegen eine fixe
Menge der erzeugten Produkte. Sie bietet sich an bei hohen
Preis- und Geldwertschwankungen. Außerdem reduziert
sich für die Pächter das Vermarktungsrisiko.
Ihre größte Bedeutung hat diese Form bei vorübergehender
Verpachtung des Betriebes nach einem frühen Tod oder
Invalidität des Haushaltungsvorstandes, wenn die
Kinder noch zu klein sind, den Betrieb zu übernehmen.
Die Verpächterin benötigt die Naturalien für
ihren Haushalt, und durch direkte Übergabe ersparen
sich Verpächter wie Pächter die Handelsspanne
gegenüber dem Umweg über die Vermarktung. Ähnliches
gilt für alte Leute, die bei Nachlassen der Kräfte
ihr Land verpachten müssen.
- Arbeitspacht
Hierbei muß der Pächter für die Überlassung
des Landes eine festgelegte Zahl von Tagen auf dem Land
des Verpächters ohne Bezahlung arbeiten und erspart
diesem so die Lohnkosten. Diese Form ist in Lateinamerika
verbreitet, aber rückläufig. In Asien kommt
sie heute kaum noch vor.
Pacht gegen einen Anteil am Ertrag
Teilbau (Teilpacht) ist in Asien die verbreitetste Pachtform.
Bei ihr liefert der Pächter einen vereinbarten Teil des
Rohertrages an den Verpächter. Beide teilen sich hierbei
Kapital und Risiko. die Leistungen der beiden Seiten können
sehr unterschiedlich sein: Immer stellt der Verpächter
das Land und der Pächter die Arbeit. Die anderen Aufwendungen
können sehr unterschiedlich verteilt sein. Meist trägt
der Verpächter die Kosten für Steuern, Wasser und
oft einen Teil der Betriebsmittel ein.
Im Prinzip läßt sich aus den beiderseitigen Leistungen
und den gegebenen Ertragsverhältnissen ein gerechter
Pachtanteil errechnen. In der Praxis spielen solche Überlegungen
aber kaum eine Rolle. Die einseitige Verschiebung auf dem
Pachtmarkt zugunsten der Verpächter hat zu einer Übervorteilung
der Pächter geführt. Daher wird meist 50:50 geteilt,
obwohl die Leistungen des Verpächters geringer zu sein
pflegen. Dies ist auch leichter zu kontrollieren als andere
Teilungsverhältnisse, da der Rohertrag beim Dreschen
nur in gleiche Hälften geteilt werden muß. Dieses
Teilungsverhältnis ist daher heute meist zu Sitte geworden,
und der Verpächter gleicht seine Marktstellung durch
Reduzierung seiner Leistungen aus.
Von großer Bedeutung ist für die Verpächter
die Überwachung der Pächter. Sie konzentriert sich
weniger auf die Qualität der Bewirtschaftung als auf
die Einhaltung des Teilungsverhältnisses. Hierzu ist
der Verpächter oder ein Vertreter meist bei der Ernte
anwesend und läßt seinen Anteil sofort abfahren.
Darüber hinaus beeinflußt er durch Auflagen den
Anbau des Pächters. Es werden nur Pflanzen zugelassen,
deren Ertrag leicht zu kontrollieren ist, wie z.B. Getreide,
während hochwertige und leicht zu verbergende Produkte
wie z.B. Chilies nicht gestattet werden. Auch die Zahl der
Tiere ist meist festgelegt. Die Milch kann vom Pächter
einbehalten werden, weil die Menge kaum zu kontrollieren ist.
Der Verpächter übt darüber hinaus eine gewisse
Kontrolle dadurch aus, daß der Vertrag nur dann verlängert
wird, wenn der Pächter intensiv arbeitet.
Dieses System bietet für beide Teile wenig Anreiz zu
Mehraufwand, denn dieser ist nur dann lohnend, wenn auch 50%
des Mehrertrages noch eine ausreichende Vergütung für
den Mehraufwand darstellen.
Der Pacht nahe kommt eine in machen Gebieten verbreitete
Form des informellen Kredits. Hierbei übergibt der Kreditnehmer
dem Gläubiger eine bestimmte Fläche Landes zur Nutzung
bis zur Rückzahlung des Kredites. Zu einer Verzinsung
kommt es ebensowenig wie zur Zahlung einer Pacht für
die Überlassung des Landes. Die entgangene Pachteinnahme
ist für den Schuldner quasi seine Zinszahlung.
Die Wahl der Pachtform hängt sehr wesentlich
von den örtlichen Gepflogenheiten ab. Es gibt aber eine
Reihe von Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen können.
Für eine Fixpacht wirkt:
- wenn wenig Risiko durch die örtlichen Gegebenheiten
(Bodenqualität, Bewässerung, Marktlage) gegeben
ist,
- wenn Verkaufsfrüchte angebaut werden, die einen
guten Preis bringen,
- wenn der Verpächter wenig Interesse an Überwachung
und Anleitung der Pächter hat oder dies nicht ausüben
kann, z.B. durch Abwesenheit.
Folgende Argumente wirken in Richtung auf Teilpacht:
- der Pächter läßt seine Familienangehörigen
sozusagen ‘kostenlos’ mitarbeiten,
- die Arbeitskosten können meist nahezu auf Subsistenzniveau
gedrückt werden,
- schlechte Produktionsbedingungen machen eine Risikoteilung
nötig,
- beide Seiten können oder wollen wenig Bargeld einsetzen,
- das Risiko ungefügiger Landarbeiter wird vom Verpächter
vermieden,
- der Verpächter umgeht hohe Arbeitskosten,
- hohe Kosten für Saisonarbeiter werden vermieden.
Streng genommen müßte zwischen Betriebspacht
und Parzellenpacht unterschieden werden. Betriebspacht ist
in Asien wenig verbreitet und meist auf Notfälle (Tod,
Krankheit) zurückzuführen. Bei traditioneller Wirtschaftsweise
bestehen zwischen beiden auch wenig Unterschiede, da Gebäude
und Geräte nur eine geringe Rolle spielen.
Für alle Pachtformen gilt, daß Verträge
meist nur mündlich geschlossen werden, was die Beweislage
im Konfliktfall verschlechtert. Besonders bei Teilbau gilt
das Pachtverhältnis meist nur für ein Jahr oder
eine Saison und wird nur bei ‘Wohlverhalten’ des
Pächters verlängert. Immerhin gibt es viele Pächter,
die langfristig ein bestimmtes Stück Land zur Bewirtschaftung
gepachtet haben, aber immer in Ungewißheit bezüglich
einer Verlängerung.
Bei der Interpretation der Statistiken über Pacht ist
zu berücksichtigen, daß viele Pächter auch
etwas Eigenland haben und nur Land zugepachtet haben, um ihren
Betrieb aufzustocken.
Bei Pachtverhältnissen unter Verwandten herrschen besondere
Verhältnisse, insbesondere wird auch teils keine Pacht
verlangt, oder es werden Sonderformen der Entschädigung
angewandt. So werden manchmal die Kleinkinder von Städtern
auf dem Lande bei Verwandten groß, um Mietkosten zu
sparen, oder es muß gelegentlich ein größerer
Betrag für eine Investition aufgebracht werden, z.B.
bei einem Hauskauf. Pachtzahlung und gegenseitige Hilfe gehen
ineinander über.
Es können auch Mischungen verschiedener Pachtformen
vorkommen, z.B. Fixpacht mit einem Landbesitzer, während
ein anderer sein Land nur in Teilbau abgibt. Hier spielt die
individuelle Interessenlage, aber auch die Art der persönlichen
Beziehungen eine große Rolle. Diese kann sehr unterschiedlich
sein.
Als Verpächter treten auf:
- Großgrundbesitzer, die bis in die neuere Zeit über
große Landflächen verfügten, diese aber
meist nicht selbst bewirtschaftet haben, sondern an eine
Vielzahl kleiner Pächter verpachten. Ihr Erfolgsstreben
wirkte weniger in Richtung auf Einflußnahme auf die
Betriebsführung als auf strikte Abschöpfung des
maximal erzielbaren Ertrages. Außerdem war ihr Einkommen
in der Agrargesellschaft beim Umfang ihres Landeigentums
sowieso sehr hoch, und Macht - auch politische - und Prestige
waren
Verpächter sind heterogen und haben unterschiedliche
Interessen
ihnen oft wichtiger. Erbteilungen und Landreformen haben
solche Landlords zahlenmäßig zurückgedrängt,
aber in manchen Ländern und besonders in den Trockengebieten
kommen sie immer noch vor und wirtschaften auf traditionelle
Weise.
- Besitzer von Kleinbetrieben. Gerade in Gebieten, die
zu moderner Landbewirtschaftung mit Anwendung neuer Technologien
übergegangen sind, ist ein Teil nicht oder nicht mehr
in der Lage, die notwendigen Investitionen zu tätigen
um im Modernisierungsprozeß mithalten zu können.
Sie ziehen sich aus der Landbewirtschaftung zurück
und verpachten ihre Fläche. Dies geschieht besonders
im Generationswechsel, wenn die Erbteilung zu einer noch
stärkeren Verkleinerung der Betriebsfläche führen
würde.
- Nutznießer von Agrarreformen. Nicht selten müssen
Personen, die im Zuge von Agrarreformen Land erhalten haben,
diesen bald verpachten, da es ihnen an den nötigen
Betriebsmitteln fehlt.
- Personen, die zu anderen Berufen übergehen. In manchen
Ländern und Gebieten findet ein erheblicher beruflicher
Wandel statt. Besonders die junge Generation ist teils nicht
mehr willens, bei zu kleinen Betrieben unter schlechten
Bedingungen die Landbewirtschaftung fortzusetzen. Man verpachtet
das Land zumindest zum Teil, während ein anderer manchmal
nebenberuflich bewirtschaftet wird.
Die Interessen der Verpächter lassen sich wie folgt
kennzeichnen:
- Verkauf ist endgültig, während Pacht zeitlich
begrenzt, unbestimmt in seiner Dauer aber leicht rückgängig
zu machen ist.
- Pacht begrenzt je nach Vertrag das Risiko.
- Pacht erfordert keinen oder geringen Kapitaleinsatz vom
Verpächter.
- Pacht bedeutet keine Arbeiterprobleme, keine hohen Lohnkosten
bei Arbeiterknappheit, keine Streikgefahr.
- Pacht sichert den Zugang zu Saisonarbeitskräften,
daß die Pächter meist gerne zusätzliche
Lohnarbeit übernehmen.
- Pacht hat oft Nebenbedingungen, welche von großem
Interesse sind, z.B. Verpflichtung zu Loyalität, zu
unbezahlten Dienstleistungen.
- Pacht begrenzt die Managementaufgaben des Verpächters.
Demgegenüber treten als Pächter auf
- Landlose, die keine alternative Existenzgrundlage haben,
als sich etwas Land zur Bewirtschaftung zu sichern,
- kleine Landbewirtschafter, die nur über Zupacht
ihren Betrieb soweit aufstocken können, daß eine
Existenz für die Familie gesichert ist,
Pächter sind
heterogen und haben unterschiedliche Interessen |
- Besitzer moderner Familienbetriebe mit Bewässerung,
die ihren Betrieb vergrößern möchten, um
so ein höheres Einkommen zu erwirtschaften,
- Betriebsinhaber, deren Arbeitskräftezahl über
die benötigte hinausgeht, und die einen Ausgleich schaffen
wollen.
Ihre Interessenlage im Pachtverhältnis wird durch folgende
Gegebenheiten bestimmt:
- Pacht bietet ihnen die Möglichkeit zur Bewirtschaftung
Land ohne hohe Kaufpreise zu erhalten.
- Pacht verteilt das Risiko auf zwei Schultern.
- Pacht bringt teils Zugang zu anderen Märkten durch
Vermittlung des Verpächters.
- Pacht bietet wirtschaftliche Vorteile für gute Bewirtschafter.
- Pacht bietet Existenzen bei fehlen anderer Möglichkeiten.
- Pacht kann eine zu knappe Existenzgrundlage verbessern.
- Pacht bringt ein Wohnrecht im Dorf auf dem Land des Grundbesitzers
Die tatsächlichen realen Pachtverhältnisse
sind sehr unterschiedlich. Dabei sind bestimmend
- Die Persönlichkeit des Verpächters. Gewissenlose
Verpächter führen manchmal zu menschenunwürdigen
Bedingungen.
- Die Persönlichkeit des Pächters. Zuverlässigkeit,
Fleiß und Befähigung sind bei ihm (und seinen
Angehörigen) sehr unterschiedlich.
- Die Situation auf dem Pachtmarkt. Starker Überhang
der Nachfrage nach Pachtland verschlechtert die Bedingungen.
- Die Wirksamkeit traditioneller Normen zur Regelung der
Landlord-Pächter Beziehungen.
- Die Wirkung staatlicher Einflußnahme.
Die Produktivität wird nach vielen empirischen
Untersuchungen weniger von den Pachtformen bzw. der Eigenbewirtschaftung
beeinflußt. Die Streuung ist bei allen Formen recht
groß. Am besten schneidet noch die Fix-Geldpacht mit
qualifizierten Pächtern ab. Meist erweisen sich Produktivitätsunterschiede
mehr als Folge von Betriebsgrößenunterschieden
und Unterschieden in der Verwendung von Betriebsmitteln. Diese
mögen allerdings bei manchen Pachtformen zum Negativen
neigen.
Der Lebensstandard der meisten traditionellen Pächter
ist sehr niedrig. Hierbei kommen mehrere Faktoren zusammen:
- Die Pächter verfügen nicht über die Mittel
zum Kauf von ertragssteigernden Betriebsmitteln, und diese
werden oft auch nicht oder unzureichend vom Landlord gestellt.
Der Lebensstandard der Pächter
ist meist niedrig |
- Die Verpächter überlassen ihren Pächtern
meist nur so kleine Flächen, daß das Einkommen
kaum über das Existenzminimum hinausgeht.
- Die Masse der Pächter ist wenig qualifiziert, oft
Analphabeten.
- Es kommt auch heute noch vor, daß Verpächter
ihren Pächtern verbieten, die Kinder in die Schule
zu schicken, um auch in der nächsten Generation billige
Arbeitskräfte zu haben.
- Die Wohnverhältnisse sind meist sehr schlecht. Die
Genehmigung zum Bau von Häusern werden oft nur für
die Dauer des Pachtverhältnisses gegeben, so daß
die Errichtung besserer Gebäude kaum lohnt, selbst
wenn die finanzielle Grundlage dazu vorhanden sein sollte.
- Verpächter verbieten oft ihren Pächtern, zusätzliche
Arbeit außer bei ihnen selbst anzunehmen und dazuzuverdienen.
- Einseitigkeit des Pachtmarktes erlaubt den Verpächtern,
hohe Pacht zu verlangen, die nicht in Relation zur Produktivität
steht.
- Das in der Literatur beschriebene Konzept der ‘Agricultural
Ladder’, wonach ein tüchtiger Landarbeiter sich
über Teilpacht, Fixpacht und schließlich Eigenland
emporarbeiten könne, existiert zumindest in Asien fast
nicht.
In Asien lebt die Masse der Pächter in großer
Abhängigkeit von ihren Landlords, und dieser
Zustand wird von letzteren gefördert durch folgende Maßnahmen:
- Verpachtung so kleiner Flächen, daß das Existenzminimum
gerade erreicht wird,
- Verpachtung immer nur für ein Jahr mit der Chance
der Verlängerung bei ‘Wohlverhalten’,
- Verbot des Anbaus einträglicher Kulturen wie Gemüse,
die schlecht zu kontrollieren sind,
- Verbot der Viehhaltung über den Selbstversorgungsbedarf
hinaus,
Viele Pächter
leben in großer Abhängigkeit |
- Verbot, den Wohnort auch kurzfristig ohne Genehmigung
zu verlassen,
- Verpflichtung zu kostenloser Arbeit auf den Grundstücken
des Verpächters,
- Verpflichtung zu Hilfsleistungen im Haushalt des Verpächters
durch Frauen und Töchter des Pächters, oft ohne
Bezahlung,
- Verpflichtung zu Loyalität, Unterstützung bei
Streitigkeiten des Verpächters und bei Wahlen,
- Mehrfachabhängigkeit durch Verschuldung beim Verpächter,
durch Arbeitsverhältnisse der Kinder des Pächters
beim Verpächter usw.
Bei vielfach zunehmender Einseitigkeit des Pachtmarktes
infolge von
- Bevölkerungsvermehrung ohne Zunahme der Zahl nichtlandwirtschaftlicher
Arbeitsplätze,
- zunehmender Selbstbewirtschaftung in manchen Gebieten,
- vermehrter Nachfrage nach Land von durch Erbteilung zu
klein gewordenen Betrieben,
nimmt die Abhängigkeit der Pächter zu, und ihr
Lebensstandard verschlechtert sich.
Allerdings gibt es in begrenztem Umfang auch gegenläufige
Entwicklungen. In Gebieten hoher Abwanderung und hoher Gastarbeiterquote
haben sich auch Zustände von Gleichheit am Arbeits- und
Pachtmarkt eingestellt. Die steigende Zahl von Verwandtenbeziehungen
auf dem Pachtmarkt ist kaum von Abhängigkeit betroffen.
Schließlich herrschen befriedigende Verhältnisse
auch in den Fällen, wo ein moderner Familienbetrieb seine
Betriebsfläche durch Zupacht aufstockt. Auch Pachtbeziehungen
innerhalb gleicher Klassen, also z.B. Verpachtung ausscheidender
Kleinbetriebe sind meist besser als bei Verpachtung durch
Großgrundbesitzer.
Staatliche Maßnahmen zur Regelung der Pachtverhältnisse
In vielen Ländern hat man - meist im Rahmen von allgemeinen
Agrarreformen - Versuche unternommen, die Situation auf dem
Pachtmarkt zu verbessern. An solchen Maßnahmen zur Regelung
der Pachtbeziehungen kommen vor
- Beeinflussung der Pachtsicherheit durch
- Formvorschriften für Verträge (schriftlich,
Modellvertrag)
- Registrierungspflicht
- Mindestdauer des Vertrages
- Entschädigung für genehmigte Pächterinvestitionen
- Kündigungsrecht nur bei bestimmten Gründen
- Beeinflussung der Pachthöhe
- Begrenzung auf Höchstbeträge bzw. -anteile
- Verbot von Nebenabreden
- Verbot von unentgeldlichen Nebenleistungen
- Bestimmungen über Zahlungsform.
Diese Versuche haben kaum zu Erfolgen geführt. Es wirkt
sich aus, daß im Gegensatz zu Eingriffen in das Eigentum
bei der Pacht eine ständige - jährliche - Überwachung
erforderlich wird, was die Administration überfordert.
Am ehesten sind Erfolge noch
Versuche zur Regelung
der Pachtverhältnisse waren wenig erfolgreich |
festzustellen, wenn die Pächter in Assoziationen zusammengeschlossen
wurden, die im Konfliktfall als Vermittler auftreten konnten.
Allerdings blieben diese Assoziationen nur so lange aktiv,
als sie von der Regierung unterstützt wurden. Das Grundproblem
besteht darin, daß die einseitigen Verhältnisse
auf dem Pachtmarkt kaum durch Regelungen verändert werden
können. Bei Mangel an Alternativen wird es immer Pächter
geben, die zu vertraulichen Nebenabreden mit dem Verpächter
bereit sind.
Angesichts dieser Mißerfolge ist man in manchen Ländern
zum ‘abolition approach’ übergegangen, also
zum totalen Verbot der Pacht. Auch dies brachte keine Lösung.
Das Verbot war nicht durchsetzbar, weil Pacht leicht als Arbeitsbeziehung
mit Anteillohn getarnt werden kann. Außerdem begibt
man sich eines wichtigen Instruments zur Anpassung von Land
zu Arbeit. Gerade bei zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung,
aber auch durch unterschiedliche Gegebenheiten im Laufe des
Lebens, besteht ein steigender Bedarf an einem Instrument
zum Ausgleich von Schwankungen im Verhältnis von Land
zu Arbeitskraft. Aber auch Reglementierung von Pachtmärkten
beeinträchtigt deren wichtige Pufferfunktion im ländlichen
Raum.
Pacht in sozialistischen Ländern
Einige der sozialistischen Länder Asiens haben sich
entschlossen, auf eine Privatisierung des Eigentums an Land
zu verzichten und alles Land in Staatseigentum zu lassen.
Um trotzdem Anreiz- und Planungshorizont zu geben, wird das
Land jedoch
Langfristige, vererbbare, verkäufliche
und belastbare Nutzungsrechte scheinen Anreize zu geben |
langfristig verpachtet, zuletzt für 20 oder sogar 50
Jahre. Diese Pachtrechte sind vererbbar, belastbar und verkäuflich,
kommen also in der Praxis dem Eigentumsrecht nahe.
Diese interessante Neuerung wurde erst vor wenigen Jahren
eingeführt, z.B. in Vietnam, so daß längere
Erfahrungen fehlen. Es mag durchaus sein, daß damit
dem Eigentum zugeschriebene Eigenschaften erfüllt sind,
gleichzeitig aber Spekulation und Ausbeutung verhindert werden.
Weiter mit: 2.2
Betriebsgrößenverteilung und sozialökonomische
Differenzierung
|